Eine Anthologie

Gesänge von Hafis(H.), Goethe(G.), Schiller(S.), Erbe(E.)

Klarheit (E.)

Wenn Posaunen falsch ertönen
wird Widerhall kein reiner Klang -
nur  k l a r e r  Ton kann  k l a r  rückklingen,
das merk' man sich ein Leben lang !

"Die Kunstschwätzer (S.)

Gutes in Künsten verlangt ihr ? Seid ihr denn würdig des Guten,
Das nur der ewige Krieg gegen euch selber erzeugt ?

" An die Günstigen (G.)

Dichter lieben nicht zu schweigen,
Wollen sich der Menge zeigen,
Lob und Tadel muß ja sein !
Niemand beichtet gern in Prosa;
Doch vertraun wir oft sub Rosa
In der Musen stillem Hain.

Was ich irrte, was ich strebte,
Was ich litt und was ich lebte,
Sind hier Blumen nur im Strauß;
Und das Alter wie die Jugend,
Und der Fehler, wie die Tugend
Nimmt sich gut in Liedern aus."

Poesie (E.)

Poesie
von dem Genie
will gesungen sein.
Nicht trocken Wort
trägt sie hinfort,
von Seele kommt der Reim.

Das Lied wird einst noch wohlerklingen,
in ungezählten Tagen,
kann es der Liebe Weisheit singen
mit innerstem Behagen.

Und wenn in tausend Jahren,
das Lied noch scheint ganz frisch,
dann ist 's geheimnistragend,
dann hat es was an sich,
dann trägt 's auf seine Weise,
der Liebsten Bild - das Ich.

"Höheres und Höchstes (G.)

Daß wir solche Dinge lehren
Möge man uns nicht bestrafen:
Wie das alles zu erklären
Dürft ihr euer Tiefstes fragen.
Und so werdet ihr vernehmen,
Daß der Mensch, mit sich zufrieden,
Gern sein Ich gerettet sähe,
So dadroben wie hieniden.
Und mein liebes Ich bedürfte
Mancherley Bequemlichkeiten,
Freuden wie ich hier sie schlürfte
Wünscht' ich auch für ew'ge Zeiten.
So gefallen schöne Gärten,
Blum und Frucht und hübsche Kinder,
Die uns allen hier gefielen,
Auch verjüngtem Geist nicht minder.
Und so möcht' ich alle Freunde,
Jung und alt in Eins versammlen,
Gar zu gern in deutscher Sprache
Paradieses-Worte stammlen.
Doch man horcht nun Dialekten
Wie sich Mensch und Engel kosen,
Der Grammatik, der versteckten,
Declinirend Mohn und Rosen.
Mag man ferner auch in Blicken,
Sich rhetorisch gern ergehen,
Und zu himmlichem Entzücken
Ohne Klang und Ton erhöhen.
Ton und Klang jedoch entwindet,
Sich dem Worte selbstverständlich,
Und entschiedener empfindet
Der Verklärte sich unendlich.
Ist somit dem Fünf der Sinne,
Vorgesehn im Paradiese,
Sicher ist es ich gewinne
Einen Sinn für alle diese.
Und nun dringt in aller Orten
Leichter durch die ewigen Kreise,
Die druchdrungen sind vom Worte,
Gottes rein-lebendigerweise.
Ungehemmt mit heißem Triebe
Läßt sich da kein Ende finden,
Bis im Anschaun ewiger Liebe,
Wir verschweben, wir verschwinden.

Das Glück (S.)

Selig, welchen die Götter, die gnädigen, vor der Geburt schon,
Liebten, welchen als Kind Venus im Arme gewiegt,
Welchem Phöbus die Augen, die Lippen Hermes gelöset,
Und das Siegel der Macht Zeus auf die Stirne gedrückt !
Ein erhabenes Los, ein göttliches ist ihm gefallen,
Schon vor des Kampfes Beginn sind ihm die Schläfe begrenzt,
Ihm ist, ehe er es lebte, das volle Leben gerechnet,
Ehe er die Mühe bestand, hat er die Charis erlangt.
Groß zwar nenn ich den Mann, der, sein eigener Bilder und Schöpfer,
Durch der Tugend Gewalt selber die Parze bezwingt,
Aber nicht erzwingt er das Glück und was im die Charis
Neidisch geweigert, erringt nimmer der strebende Mut.
Vor Unwürdigem kann dich der Wille, der ernste bewahren,
Alles Höchste, es kommt frei von den Göttern herab.
Wie die Geliebte dich liebt, so kommen die himmlichen Gaben,
Oben in Jupiters Reich herrscht wie in Amors die Gunst.
Neigungen haben die Götter, sie lieben der grünenden Jugend
Lockigte Scheitel, es zieht Freude die Fröhlichen an.
Nicht der Sehende wird von ihrer Erscheinung beseligt,
Ihrer Herrlichkeit Glanz hat nur der Blinde geschaut;
Gern erwählen sie sich der Einfalt kindliche Seele,
In das bescheidne Gefäß schließen sie göttliches ein.
Ungehofft sind sie da und täuschen die stolze Erwartung,
Keines Bannes Gewalt zwingt die Freien herab.
Wem er geneigt, dem sendet der Vater der Menschen und Götter
Seinen Adler herab, trägt ihn zu himmlichen Höhn,
Unter die Menge greift er mit Eigenwillen, und welches
Haupt ihm gefället, um das flicht er mit liebender Hand
Jetzt den Lorbeer und jetzt die herrschaftsgebende Binde;
Krönte doch selber den Gott nur das gewogene Glück.
Vor dem Glücklichen her tritt Phöbus der pythische Sieger,
Und der die Herzen bezwingt, Amor, der lächelnde Gott.
Vor ihm ebnet Poseidon das Meer, sanft gleitet des Schiffes
Kiel, das den Cäsar führt und sein allmächtiges Glück.
Ihm zu Füßen legt sich der Leu, das brausende Delphin
Steigt aus den Tiefen und fromm beut es den Rücken ihm an.
Zürne dem Glücklichen nicht, daß den leichten Sieg ihm die Götter
Schenken, daß aus der Schlacht Venus den Liebling entrückt.
Ihn, den die lächelnde rettet, den Göttergeliebten beneid ich,
Jenen nicht, dem sie mit Nacht deckt den verdunkelten Blick.
War er weniger herrlich, Achilles, weil ihm Hephästos
Selbst geschmiedet den Schild und das verderbliche Schwerdt,
Weil um den sterblichen Mann der große Olymp sich beweget ?
Das verherrlichet ihn, daß ihn die Götter geliebt,
Daß sie sein Zürnen geehrt, und Ruhm dem Liebling zu geben
Hellas` bestes Geschlecht stürzten zum Orkus hinab.
Zürne der Schönheit nicht, daß sie schön ist, daß sie verdienstlos
Wie der Lilie Kelch prangt durch der Venus Geschenk,
Laß sie die Glückliche sein, du schaust sie, du bist der Beglückte,
Wie sie ohne Verdienst glänzt, so entzücket sie dich.
Freue dich, daß die Gabe des Lieds vom Himmel herabkommt,
Daß der Sänger dir singt, was ihn die Muse gelehrt,
Weil der Gott ihn beseelt, so wird er dem Hörer zum Gotte,
Weil er der Glückliche ist, kannst du der Selige sein.
Auf dem geschäftigen Markt, da führe Themis die Wage,
Und es messe der Lohn streng an der Mühe sich ab;
Aber die Freude ruft nur ein Gott auf sterbliche Wangen,
Wo kein Wunder geschieht, ist kein Beglückter zu sehn.
Alles menschliche muß erst werden und wachsen und reifen
Und von Gestalt zu Gestalt führt es die bildende Zeit,
Aber das Glückliche siehst du nicht, das Schöne nicht werden,
Fertig von Ewigkeit her steht es vollendet vor dir.
Jede irdische Venus ersteht wie die erste des Himmels,
Eine dunkle Geburt aus dem unendlichen Meer,
Wie die erste Minerva, so tritt mit der Aegis gerüstet
Aus des Donnerers Haupt jeder Gedanke des Lichts.

Regenbogen (E.)

Regenbogen küßt die Erde,
tausend Tropfen sonnespiegelnd
zart umschlingen Feld und Hügel,
daß der Mensch zum Menschen werde,
auch im dichten Nebelschleier
seines Lebens trüber Tage.

"Sey das Wort die Braut genannt,
Bräutigam der Geist,
Diese Hochzeit hat gekennt,
wer Hafisen preist."   (G.)

"Wie etwas sey leicht,
Weiß der es erfunden und der es erreicht."   (G.)

Der Dichter (E.)

Der Dichter auf Pegasos-Roß
zieht in den Kampf an Wortbildfronten,
dann wenn sein Herzblut sich ergoß,
entsprang er niedrig Horizonten.

Liebestrunken seine Lieder,
so trunken möchte jeder sein,
und selbst dem Faun stutzt er 's Gefieder,
tanzt er mit ihm den Ringelreih'n.

Des Dichters Werk erwartet Ehre,
es möcht besteh'n viel tausend Jahre,
auf das sich 's Volk daraus belehre,
und seinen Geist sich aufbewahre.

"Geständnis (G.)

Was ist schwer zu verbergen ? Das Feuer !
Denn bey Tage verräths 's der Rauch,
Bey Nacht die Flamme, das Ungeheuer,
Ferner ist schwer zu verbergen auch
Die Liebe, noch so stille gehegt,
Sie doch gar leicht aus den Augen schlägt.
Am Schwersten zu bergen ist ein Gedicht,
Man stelle es unter den Scheffel nicht,
Hat es der Dichter frisch gesungen,
So ist er ganz davon durchdrungen,
Hat er es zierlich nett geschrieben,
Will er die ganze Welt soll 's lieben,
Er liest es jedem froh und laut,
Ob es uns quält, ob es erbaut."

Wer  d i e s e n  Becher leert zu Neige -
dem sich alle Weisheit zeige,
was seit hunderten von Jahren
unsre Väter aufbewahren,
nur der, die hat jetzt keinen Lohn,
wer als Tochter oder Sohn
Spott und Hohn für "GEISTIG" hält
und zum Spaß lebt auf der Welt.   (E.)

"Reich her den Pokal, mit Wein gefüllt,
Der den Geist erhebt und das Herz enthüllt,
Ich meine den Wein der Unsterblichkeit,
Den Erlöser von sündiger Erblichkeit,
Der im Herzen nur schöne Gefühle nährt,
Und im Geist ein Feuer, das ewig währt."   (H.)

"Trunken müssen wir alle seyn !
Jugend ist Trunkenheit ohne Wein;
Trinkt sich das Alter wieder zur Jugend
So ist es wundervolle Tugend.
Für Sorgen sorgt das liebe Leben,
Und Sorgenbrecher sind die Reben.

Da wird nicht mehr nachgefragt !
Wein ist ernstlich untersagt.
Sollte denn doch getrunken seyn,
Trinke nur vom besten Wein;
Doppelt wärest du ein Ketzer
In Verdamniß um den Krätzer."   (G.)

"Laß alten Wein uns zur Erneuung fließen,
Am Baum des Lebens neue Blätter sprießen -
Laß uns im Rausche, Freund, die Welt vergessen,
Und ihr Geheimstes will ich Dir erschließen !"   (H.)

Der stille Genießer (E.)

Man fülle keinen jungen Wein
in alte Schläuche,
so heißt 's der Volksmund,
doch wir mir 's täusche,
ist junger Wein noch selten ausgegoren,
weshalb ich edlen, reifen mir erkoren.

Der äußere Mantel bildet nur die Hülle,
der ew'gen Schönheit,
die meinen Durst mir stille.

Alles ist eitel (E.)

Das süße Gift aus Dschem's Becher
sei täglich unser Lab und Trank,
und leeren wir ihn bis zum Grunde
wird unsre Liebe tiefster Dank.

Dank, daß wir dieses Leben schauen,
ZION uns eine Bleibe ist,
so oft wir uns dem Hohen trauen
der Friede unser Hausgast ist.

Vergänglich sind uns Mond und Erde,
Reichtum und Anseh'n in der Welt,
wenn Fleisch wieder zur Asche werde
wird Seelengeist zur Sonn' erhellt.

Dann wird ein Stern - ein neuer Bote -
drum seid befreit von allen Sorgen,
genießt das Leben hier und heute,
ein andrer führt uns zu dem Morgen.

"An Hadschi Kiwameddin (H.)

Dem Weisen wird aus Weinesgrund
selbst das Geheimste offenbar,
Es macht ihm der Rubinenmund
das Wesen jedes Menschen klar.

Der Nachtigall allein erschließt
sich, was das Buch der Rose spricht,
Und Mancher der ein Blatt durchliest,
versteht doch seinen Inhalt nicht.

Dem vielerfahr'nen Herzen bot
ich beide Welten, dort und hier,
Doch fand es : Alles eilt zum Tod
nur meine Liebe nicht zu Dir !

Wem Gott blies seinen Segen ein,
dem ward geheime Macht verliehn,
Daß er die Rose wie den Stein
in Onyx wandelt und Rubin.

Die Zeit ist hin wo mich verdroß
was von mir sprach des Pöbels Mund,
Denn was sich einst geheim verschloß,
ist ohnehin jetzt Jedem kund.

Wenn dieses Liedes Perlenschnur
sich löste von Hafisens Geist,
Verdankt er es der Gnade nur
die ihm Hadschi Kiwàm erweist."

Erholung (E.)

In leiblich wohlgeformter Pracht
der Schenk', in schöner Aussicht Höh',
der Rastplatz - eschenüberdacht -
hier ist das Reich des Land-Gourmet.

Schenke! Schenk ein vom besten Wein !
Kein Schmerz kann mir das Glas heut trüben,
begegnete ich der Liebchen fein,
ich würde es auf ewig lieben
und häng'n an ihres Lippen Ort,
um zu beherz'gen jedes Wort,
Schenke schenk ein, schenk ein !

Im goldnen Reb auf Glasesgrund,
sie spiegelt sich in dieser Stund,
ich will mich an ihr laben.
Wohl erscheint sie flüchtig nur,
mir unter Ocker-Ranken,
doch einmal in das Herz gepreßt,
läßt sie nicht vom Gedanken.

Schenke! Deck auf vom feinsten Schmaus !
Ich fühl mich frei und unbezwängt,
frei ist der Blick und unbedrängt,
bei Liebchen bin ich jetzt zu Haus,
Schenke deck auf, deck auf !

Mit Abschiedsweh ich scheid vom Ort,
zahl gerne Thaler - Urdukaten,
allein der Augenblick war 's Wert,
bekam ich doch, was ich begehrt,
und werd es ewig haben.

"An Hadschi Kiwameddin (H.)

Komm erleuchte meinen Becher,
Saki, neu mit Weinesglut;
Sänger, sing' ein Lied, den Alles
fügt sich meinen Wünschen gut.

In des Bechers Grunde seh' ich
holder Wangen Wiederschein;
O, Du ahnst Nichts von der Wonne,
die mir quillt aus meinem Wein.

Wisse, daß dies Liebsgetändel
mir so lange nur behagt,
Bis, wie Pinien schwankend wieder
die Cypresse vor mit ragt.

Wessen Herz belebt durch Liebe,
dem kommt nie das Sterben bei,
Drum im Buch der Welt geschrieben
steht, daß ich unsterblich sei.

Und am Tage des Gerichtes
wird des Scheich's erlaubtes Brot
Höher nicht im Preis stehn, fürcht' ich,
als mein Wein, den man verbot.

Morgenwind, wehst Du vorüber
an der Freunde Rosenhain,
Hauch' dem Ohre meiner Liebe
meine schönsten Grüße ein !

Sprich: "Warum mit Absicht willst Du
den vergessen, der Dich liebt,
Da sich leider das Vergessen
mit der Zeit von selbst ergibt ?"

Fand doch selbst der Liebe Auge,
daß es schön im Rausche sei,
darum ließ man mir im Rausche
auch die Zügel immer frei.

Hafis, laß die Thränenperle
fallen, die im Aug' Dir hängt
Und vielleicht in ihrem Netze
noch den Liebesvogel fängt.

Sieh, das grüne Meer des Himmels,
und der Mond, der Silberkahn,
Tauchen unter in des Hadschi
Kiwam Gnadenocean !"

DAIMON, Dämon (G.)

Wie an dem Tag, der dich der Welt verliehen,
Die Sonne stand zum Gruße der Planeten,
Bist alsobald und fort und fort gediehen
Nach dem Gesetz, wonach du angetreten.
So mußt du sein, dir kannst du nicht entfliehen,
So sagten schon Sybillen, so Propheten;
Und keine Zeit und keine Macht zerstückelt
Geprägte Form, die lebend sich entwickelt.

Selbsterhöhung (E.)

Ein jeder möchte gern erster sein
in einem Verdienst, der ihn erhöht,
bringt dies doch Ruhm und Ehre ein,
ihm - seiner Personalität.

Was wär er, wenn gleichselbst er blieb,
ein Nichts - ein Tor - ein armer Mann,
drum ist ihm alles soweit lieb
wie es sein Selbst befördern kann.

Warum soll er sich bücken nicht,
umschmeicheln die, die ihm was nützen,
auch wenn das Freundschaftsband zerbricht
mit denen, die ihn bislang stützten.

So ist die Welt in ihrem Lauf,
der Freund, er kennt den Freund nicht mehr,
Erfolg heißt nur hinauf, hinauf,
und trotzem ist das Leben leer.

So einsam ist er, der so strebt,
der Weg, das Ziel so ungewiß,
am Ende doch umsonst gelebt,
als Eigenbrötler - als Narziß.

Gekratzt hat so sein Geist nurmehr
an Oberflächen - nicht am Kern,
hat sich erstrebt nur Ruhm und Ehr,
war selbst so jeder Liebe fern.

Kein Dank im Herzen der, die noch blieben,
eher nur Spott und Hohngeschrei,
umsonst die Müh' und List, die trieben,
das edle Scheinen ist vorbei.

Nicht rühmlich ist sich selbst zu überheben
Und Andern stets den Vorrang abzustreben:
Dein Augenstern sieht And're, doch nicht sich:
Laß Dir von ihm ein gutes Beispiel geben !"   (H.)

"Nimm Dein Schicksal, wie Dir's Gott beschieden,
Seinen Rathschluß ändert Nichts hienieden,
Hat er Dich in Niedrigkeit gestellt,
Bringst Du's nie zur Hoheit in der Welt.
Sind aus schwarzen Fäden Dir die Maschen
Des Geschicks gewoben, wird es selbst
Mekka's heiliger Quell nicht weiß Dir waschen."   (H.)

Verfehlte Irdische Lebensziele (E.)

Hieniden möcht ich Kaiser sein,
unsterblich auch noch obendrein,
mich weiden an des Lebens Lust
tagtäglich heiter ohne Frust.

Bricht sich das Tagewerk herein
um meinem Sinn ein Feind zu sein ?
Der triste Alltag weckt Entsetzen,
ich gebe zu, fröhn manchem Götzen,
leb aus die innerlichen Triebe,
kehr mich nicht um Nächstenliebe,
nur dem, der mir recht dienlich ist,
folg ich -  dienend.

Könnt ich Unendlichkeit erreichen
so würde ich dem Schöpfer gleichen,
fühlt mich nicht mehr so klein und mies,
wär Herrscher dann im Paradies.

Doch leider aber gleicht mein Wesen
dem eines gewöhnlichen Especen
und um des lieben Weltenlohn
bezieh ich täglich Position.

Unfrei (E.)

Der Mensch läuft krumm,
es ist so Brauch,
weil er im Joch von anderen verfangen,
das Maß ist unbestimmt, der Fremde auch,
wär er bekannt, mit Freuden wird 's anhangen -
doch unbestimmt führt es zu schweren Tagen,
die man abwerfen möchte,
mit seinen Plagen-Klagen.

"Dem würdigen Mann würd' ich mich dienstbar weih'n,
Bereit mein Leben ihm zu opfern sein -
Doch in Gesellschaft roher Menschen leben,
Wird einem feinern Geist zur Höllenpein."   (H.)

"Wer geboren in bösten Tagen,
Dem werden selbst die bösen behagen."   (G.)

Blume des Morgentau's (E.)

Blume des Morgentau's,
Tränen zieren Dein Angesicht,
und doch lächelst Du der Morgensonne entgegen.

Du weißt was der Tag bringt.

Die laue Frühlingsluft erhebt Dich zu voller Blüte.
Du wirst Freude bereiten den bunten Schmetterlingen und Bienen,
Dein Ambra wird die Flur köstlich duftend machen, so das ringsum erfüllt ist
von Deinem betörenden Duft.

Du wirst Dich in den Abendstunden zu Nacht betten, um selig zu ruhen.

Und doch wird der Mensch kommen und Dich gnadenlos aus Deiner Verankerung reißen,
weil er verderben will.

Blume des Morgentau's, Deine Tränen sind rechtens !

An das Weib (E.)

Du bist es - Weib - der Ursprung alles Bösen,
Du bist es - Weib - das allen Fortschritt schafft,
Du bist es - Weib - die Quelle unsres Friedens,
Du bist es - Weib - du bist von Gottes Kraft.

Du bist es - Weib - dem wir stets angehangen,
Du bist es - Weib - das mit uns scherzt und lacht,
Du bist es - Weib - das mit uns tief erleidet,
Du bist es - Weib - das Gott für uns gemacht.

Du bist es - Weib - ein Urquell unsres Lebens,
Du bist es - Weib - für das wir einsam sind,
Du bist es - Weib - für das wir alles geben,
Du bist es - Weib - vereint mit uns im Kind.

Du bist es - Weib - das Glaube birgt und Hoffnung,
Du bist es - Weib - das uns das Leben gibt,
Du bist es - Weib - dem ich so sehr jetzt danke,
Du bist es - Weib - das ich so sehr geliebt !

An den Mann (E.)

Du bist es Mann - gefangen im Weib,
Zerstörer der Welt,
besessen von Eifer,
zerfressen von Herrschsucht, der sich Untertanen machen will.

Du bist es Mann - in rastloser Eile,
der Pyramden verschiebt,
daß kein Stein auf dem anderen bleibt,
um unter jedem Stein zu schauen, nach dem Sinn des Lebens.

Du bist es Mann - der Trost sucht,
in den Wirren des Lebens,
in dem Auf und Ab der Gesänge,
und doch nicht fassen kann, die Weisheit über dem Irdischen.

Du bist es Mann - dem aufgegeben 10 Ratschlüsse,
daß Du sie verinnerlichst im Herzen und Gemüt
und danach lebest und handelst,
so daß Du Deinen eigenen Frieden findest in Dir.

An den Menschen (E.)

Du bist es Mensch - Zerstörer der heilen Welt,
                                          als Herrscher oder Narr
                                          versuchst Du die  Elemente,
                                          getrieben von ewiger Hast
                                          bis ans irdische Daseins-Ende.

Du bist es Mensch - Sucher der heilen Welt,
                                          wirst niemals ergründen,
                                          das Reich des ewigen Lebens,
                                          das Schauen aber ist Dir
                                          vollendet im Glauben gegeben.

Maskenmensch (E.)

Du bist nicht Du !
Befreie erst Dich, dann Deine Welt,
und lächle einmal andern zu,
das kostet weder Gut noch Geld.

"Thu was Du willst, nur Nichts was And're schädigt,
Das ist der Inhalt meiner Tugendpredigt."   (H.)

"Hoffnung (S.)

Es reden und träumen die Menschen viel
Von bessern künftigen Tagen;
Nach einem glücklichen, goldenen Ziel
Sieht man sie rennen und jagen.
Die Welt wird alt und wird wieder jung,
Doch der Mensch hofft immer Verbesserung.

Die Hoffnung führt ihn ins Leben ein,
Sie umflattert den fröhlichen Knaben,
Den Jüngling locket ihr Zauberschein,
Sie wird mit dem Greis nicht begraben;
Denn beschließt er im Grabe den müden Lauf,
Noch am Grabe pflanzt er - die Hoffnung auf.

Es ist kein leerer, schmeichelnder Wahn,
Erzeugt im Gehirne des Thoren,
Im Herzen kündet es laut sich an;
Zu was Besserm sind wir geboren;
Und was die innere Stimme spricht,
Das täuscht die hoffende Seele nicht."

"Jene garstige Vettel,
Die buhlerische,
Welt heißt man sie,
Mich hat sie betrogen,
Wie die übrigen alle.
Glaube nahm sie mir weg,
Dann die Hoffnung,
Nun wollte sie
An die Liebe,
Da riß ich aus,
Den geretteten Schatz
Für ewig zu sichern.
Theilt' ich ihn weislich
Zwischen Suleika und Saki,
Jedes der beyden
Beeifert sich um die Wette,
Höhere Zinsen zu entrichten,
Und ich bin reicher als je,
Den Glauben hab' ich wieder !
An ihre Liebe den Glauben.
Herrliches Gefühl der Gegenwart;
Was will da die Hoffnung !"   (G.)

Krone der Gerechtigkeit (E.)

Diamanten ungeschliffen
sind breit unters Volk geworfen,
und es hat noch nicht begriffen,
sondern muß erst noch begreifen,
diese sind zum Selberschleifen.

Zehn Gebote sind gesprochen,
sind weit unters Volk gesendet,
und es hat sie nicht beachtet,
sondern muß sie noch beachten
will es nur nach Gutem trachten.

Seinen Sohn hat er geopfert
für das ganze Volk auf Erden,
und es hat 's noch nicht gedanket,
sondern muß es ihm noch danken
soll 's Gerechtigkeit umranken.

Schleift nun Eure Diamanten,
daß sie anfangen zu funkeln
und als Licht strahlen im Dunkeln,
so daß Leben auf der Erde
Euch zur Ewigkeit nun werde.

"Majestas populi (S.)

Majestät der Menschennatur ! dich soll ich beim Haufen
Suchen ? Bei wenigen nur hast du von jeher gewohnt.
Einzelne wenige zählen, die übrigen alle sind blinde
Nieten; ihr leeres Gewühl hüllet die Treffer nur ein."

"An die Astronomen (S.)

Schwatzet mir nicht so viel von Nebelflecken und Sonnen !
Ist die Natur nur groß. weil sie zu zählen euch giebt ?
Euer Gegenstand ist der erhabenste freilich im Raume;
Aber, Freunde, im Raum wohnt das Erhabene nicht."

"Die Forscher (S.)

Alles will jetzt den Menschen von innen, von außen ergründen;
Wahrheit, wo rettest du dich hin vor der wütenden Jagd ?
Dich zu fangen, ziehen sie aus mit Netzen und Stangen;
Aber mit Geistestritt schreitest du mitten hindurch."

D a s W o r t (E.)

Nicht  d e r   Wort und nicht   d i e   Wort -
Der ewig bleibende Hort ist -   d a s   Wort.

Und fraget nicht hinfort,
W a s  wohl  d a s  Erste sei,
D a s  Huhn oder  d a s  Ei ?

Zum Anfang war d a s  Wort;
Zum Ende bleibt  d a s  Wort;
Dazwischen ist  d a s  Wort.

"Der Genius. (S.)

Wiederholen zwar kann der Verstand, was da schon gewesen;
Was die Natur gebaut, bauet er wählend ihr nach.
Über Natur hinaus baut die Vernunft, doch nur in das Leere.
Du nur, Genius, mehrst in der Natur die Natur."

Der duplizierte Geist (E.)

Der erkennende Geist ist frei,
gesprengt von allen Fesseln,
um zu ergründen alle Welt,
zu erforschen und zu verändern,

aber befangen im Trübsal des Augenblicks,
sich emporschwingend zum Olymp der Erkenntnis,
das ewige Leben suchend,
das da gefangen ist allein im Glauben.

"Der Genius (S.)

"Glaub' ich," sprichst du, "dem Wort, das der Weisheit Meister mich lehren,
"Das der Lehrlinge Schar sicher und fertig beschwört ?
"Kann die Wissenschaft nur zum wahren Frieden mich führen,
"Nur des Systemes Gebälk stützen das Glück und das Recht ?
"Muß ich dem Trieb mißtraun, der leise mich warnt, dem Gesetze,
"Das du selber, Natur, mir in den Busen geprägt,
"Bis auf die ew'ge Schrift die Schul' ihr Siegel gedrücket,
"Und der Formel Gefäß bindet den flüchtigen Geist ?
"Sage du mir's, du bist in diese Tiefen gestiegen,
"Aus dem modrigten Grab kamst du erhalten zurück,
"Dir ist bekannt, was die Gruft der dunkeln Wörter bewahret,
"Ob der Lebenden Trost dort bei den Mumien wohnt ?
"Muß ich ihn wandeln, den nächtlichen Weg ? Mir graut, ich bekenn' es,
"Wandeln will ich ihn doch, führt er zu Wahrheit und Recht" -
Freund du kennst doch die goldene Zeit ? Es haben die Dichter
Manche Sage von ihr rührend und kindlich erzählt -
Jene Zeit, da das Heilige noch im Leben gewandelt,
Da jungfräulich und keusch noch das Gefühl sich bewahrt,
Da noch das große Gesetz, das oben im Sonnenlauf waltet
Und verborgen im Ei reget den hüpfenden Punkt,
Noch der Notwendigkeit stilles Gesetz, das stetige, gleiche,
Auch der menschlichen Brust freiere Wellen bewegt,
Da nicht irrend der Sinn und treu, wie der Zeiger am Uhrwerk,
Auf das Wahrhaftige nur, nur auf das Ewige wies ? -
Da war kein Profaner, kein Eingeweihter zu sehen,
Was man lebendig empfand, ward nicht bei Toten gesucht;
Gleich verständlich für jegliches Herz war die ewige Regel,
Gleich verborgen der Quell, dem sie belebend entfloß.
Aber die glückliche Zeit ist dahin ! Vermessene Willkür
Hat der getreuen Natur göttlichen Frieden gestört.
Das entweihte Gefühl ist nicht mehr Stimme der Götter,
Und das Orakel verstummt in der entadelten Brust.
Nur in dem stilleren Selbst vernimmt es der horchende Geist noch,
Und den heiligen Sinn hütet das mystische Wort.
Hier beschwört es der Forscher, der reines Herzens hinabsteigt,
Und die verlorne Natur giebt ihm die Weisheit zurück.
Hast du, Glücklicher, nie den schützenden Engel verloren,
Nie des frommen Instinkts liebende Warnung verwirkt,
Malt in dem keuschen Auge noch treu und rein sich die Wahrheit,
Tönt ihr Rufen dir noch hell in der kindlichen Brust,
Schweigt noch in dem zufriednen Gemüt des Zweifels Empörung,
Wird sie, weißt du's gewiß, schweigen auf ewig, wie heut,
Wird der Empfindungen Streit nie eines Richters bedürfen,
Nie den hellen Verstand trüben das tückische Herz -
O, dann gehe du hin in deiner köstlichen Unschuld,
Dich kann die Wissenschaft nichts lehren. Sie lerne von dir !
Jenes Gesetz, das mit ehernem Stab den Sträubenden lenket,
Dir nicht gilt 's. Was du thust, was dir gefällt, ist Gesetz,
Und an alle Geschlechter ergeht ein göttliches Machtwort;
Was du mit heiliger Hand bildest, mit heiligem Mund
Redest, wird den erstaunten Sinn allmächtig bewegen;
Du nur merkst nicht den Gott, der dir im Busen gebeut,
Nicht des Siegels Gewalt, das alle Geister dir beuget,
Einfach gehst du und still durch die eroberte Welt."

Drachenfest (E.)

Am Gestade spülen Wellen
Sand- um Sandkorn von mir fort,
über mir am Himmel rückwärts,
dreckig Fratzen-Drachen lachen,
schütteln sich - wie tolle Narren.

Und die Wellen schwellen Wogen,
greifen, reißen mich vom Ort,
wohin wird sie gehen die Reise,
wie lang werde ich wohl leiden,
wo ist wohl mein letzter Hort ?

Winde brausen und zerzausen,
jetzt bei hoher Wellengicht,
bleiche Drachen-Fratzen krachen
und ein nasser kalter Schauer
pinselt Tränen ins Gesicht.

Hab vertraut und hab gehofft,
gab dann doch entgeistert auf -
doch durch eigenart'ge Wandlung,
spür ich Fels jetzt in der Brandung,
wächst und wächst, baut sich jetzt auf.

Sturmwind macht die Spanten krachend,
verstummet ist das Narren-Lachen,
zerfetzt ist ihnen das Gesicht,
bewegen sich zum Wellengrab,
ich steig hinauf - sie stürzen ab.

"Das Mädchen von Orleans. (S.)

Das edle Bild der Menschheit zu verhöhnen,
Im tiefsten Staube wälzte dich der Spott;
Krieg führt der Witz auf ewig mit dem Schönen,
er glaubt nicht an den Engel und den Gott;
Dem Herzen will er seine Schätze rauben,
Den Wahn bekriegt er und verletzt den Glauben.

Doch, wie du selbst, aus kindlichem Geschlechte,
Selbst eine fromme Schäferin, wie du,
Reicht dir die Dichtkunst ihre Götterrechte,
Schwingt sich mit dir den ew'gen Sternen zu.
Mit einer Glorie hat sie dich umgeben;
Dich schuf das Herz, du wirst unsterblich leben.

Es liebt die Welt das Strahlende zu schwärzen
Und das Erhabne in den Staub zu ziehn;
Doch fürchte nicht, es giebt noch schöne Herzen,
Die für das Hohe, Herrliche entglühn.
Den lauten Markt mag Momus unterhalten;
Ein edler Sinn liebt edlere Gestalten."

"Sie sehn und hören Nichts vom Schicksalsrade,
Blind ist ihr Auge, taub ihr Ohr der Gnade.

Nicht ahnen, die auf üppigem Pfühl sich wiegen,
Daß sie einst unter kaltem Steine liegen.

Was kann ein Schild und Panzerhemde frommen
Gegen Geschosse, die vom Schicksal kommen ?

Und schütztest Du durch Mauern Dich von Eisen,
Der Tod wird doch als Sieger sich erweisen.

Nicht wilder Leidenschaft erschließ die Pforte
Des Herzens; handle stets nach Gottes Worte."   (H.)

Der Herr von Wellen und Sturm (E.)

Sieh, das Boot liegt auf der Reede,
ich steig' ein mit gutem Mut,
hab Vertrauen in das Schicksal,
daß es richtig lenken tut.

Segel durch die Ozeane,
Wellen wogen schwarz und schwer,
suche nach dem Sinn des Lebens,
treibe ziellos noch umher.

Wehr mich vergebens,
der Strudel des Lebens,
saugt mich hinaus,
spuckt wieder mich aus.

Ohne Kompass, ohne Steuer
sucht das Schiff jetzt sein Bahn,
treibt zur Insel alter Seelen,
keine mich dort retten kann.

Segel durch die Ozeane,
Wellen wogen schwarz und schwer,
suche nach dem Sinn des Lebens,
treibe ziellos noch umher.

Wehr mich vergebens,
der Strudel des Lebens,
saugt mich hinaus,
spuckt wieder mich aus.

Kam zur Insel der Verheißung,
phrynenvoll der warme Strand,
führte mich nur zur Entgleisung
den Lebenssinn ich hier nicht fand.

Segel durch die Ozeane,
Wellen wogen schwarz und schwer,
suche nach dem Sinn des Lebens,
treibe ziellos noch umher.

Wehr mich vergebens,
der Strudel des Lebens,
saugt mich hinaus,
spuckt wieder mich aus.

Steig zu mir in das Boot des Lebens !
Wir werfen Anker - finden Grund,
uns're Liebe - nicht vergebens -
das Herz mir stark macht und gesund.

Wir segeln durch die Weltenmeere,
Du bist Seefahrers rechte Braut,
gibst meinem Leben Ziel und Richtung,
die Stürme sind mir jetzt vertraut.

Kein Strudel des Lebens
saugt nunmehr mich auf,
der Wellen- und Sturm-Herr
bestimmt meinen Lauf.

"Die Worte des Wahns. (S.)

Drei Worte hört man, bedeutungschwer,
Im Munde der Guten und Besten.
Sie schallen vergeblich, ihr Klang ist leer,
Sie können nicht helfen und trösten,
Verscherzt ist dem Menschen des Lebens Frucht,
Solang er die Schatten zu haschen sucht.

Solang er glaubt an die goldene Zeit,
Wo das Rechte, das Gute wird siegen -
Das Rechte, das Gute führt ewig Streit,
Nie wird der Feind ihm erliegen,
Und erstickst du ihn nicht in den Lüften frei,
Stets wächst ihm die Kraft auf der Erde neu.

Solang er glaubt, daß das buhlende Glück
Sich dem Edeln vereinigen werde -
Dem Schlechten folgt es mit Liebesblick;
Nicht dem Guten gehöret die Erde,
Er ist ein Fremdling, er wandert aus
Und suchet ein unvergänglich Haus.

Solang er glaubt, daß dem ird'schen Verstand
Die Wahrheit je wird erscheinen -
Ihren Schleier hebt keine sterbliche Hand;
Wir können nur raten und meinen.
Du kerkerst den Geist in ein tönend Wort,
Doch der freie wandelt im Sturme fort.

Drum, edle Seele, entreiß dich dem Wahn
Und den himmlichen Glauben bewahre !
Was kein Ohr vernahm, was die Augen nicht sahn,
Es ist dennoch das Schöne, das Wahre !
Es ist nicht draußen, da sucht es der Thor;
Es ist in dir, du bringst es ewig hervor."

"Die Worte des Glaubens. (S.)

Drei Worte nenn' ich euch, inhaltschwer,
Sie gehen von Munde zu Munde,
Doch stammen sie nicht von außen her;
Das Herz nur giebt davon Kunde.
Dem Menschen ist aller Wert geraubt,
Wenn er nicht mehr an die drei Worte glaubt.

Der Mensch ist frei geschaffen, ist frei,
Und würd' er in Ketten geboren,
Laßt euch nicht irren des Pöbels Geschrei,
Nicht den Mißbrauch rasender Thoren !
Vor dem Sklaven, wenn er die Kette bricht,
Vor dem freien Menschen erzittert nicht !

Und die Tugend, sie ist kein leerer Schall,
Der Mensch kann sie üben im Leben,
Und sollt' er auch straucheln überall,
Er kann nach der göttlichen streben,
Und was kein Verstand der Verständigen sieht,
Das übet in Einfalt ein kindlich Gemüt.

Und ein Gott ist, ein heiliger Wille lebt,
Wie auch der menschliche wanke;
Hoch über der Zeit und dem Raume webt
Lebendig der höchste Gedanke,
Und ob alles in ewigem Wechsel kreist,
Es beharret im Wechsel ein ruhiger Geist.

Die drei Worte bewahret euch, inhaltschwer,
Die pflanzet von Munde zu Munde,
Und stammen sie gleich nicht von außen her,
Euer Innres giebt davon Kunde.
Dem Menschen ist nimmer sein Wert geraubt,
Solang er noch an die drei Worte glaubt."

Menschlichkeit - frei nach Hafis (E.)

Durch freien Glauben kommt der Mensch zur Menschlichkeit,
fehlt dieser Glaube ihm, gleicht er dem Tiere nur,
Torheit ist Handeln in Ungläubigkeit,
und Torheit findet nie der Wahrheit Spur.

Und weitere 5 Dinge (E.)

Die Ungläubigen werden niemals weise,
der Mensch wird nie dem Schöpfer gleich,
die Narrenwelt wird nie gescheiter,
dem Leben entbehrt Unendlichkeit.
Das fünfte ist für Sie und Sie, befragen Sie ihre Phantasie.

Geistige Metamorphose (E.)

Der Mensch sucht und findet,
wer Menschen sucht, der findet,
wer Menschen findet, der sucht,
der Mensch findet und sucht.
Der Mensch sucht und findet ...

Der Mensch glaubt und hat Frieden.

"Vertrau' der Mutter Welt nicht allzusehr,
Und lenk Dein Herz zu ihrem Gatten mehr,
Wie Hafis baue nicht auf ihre Treue,
Verlockt sie Dich durch ihren Reiz auf's Neue."   (H.)

"Kein irdisch Gut, von Willkürmacht bedroht - hat Werth;
Und keine Lebenslust, bei Sorg' und Noth - hat Werth;
Kein Erdenglück von siebentausend Jahren,
das sieben Tage nur des Jammers bot - hat Werth."   (H.)

"Die Teilung der Erde (S.)

Nehmt hin die Welt ! rief Zeus von seinen Höhen
Den Menschen zu; nehmt, sie soll euer sein.
Euch schenk' ich sie zum Erb' und ew'gen Lehen;
Doch teilt euch brüderlich darein.

Da eilt', was Hände hat, sich einzurichten,
Es regte sich geschäftig jung und alt.
Der Ackermann griff nach des Feldes Früchten,
Der Junker birschte durch den Wald.

Der Kaufmann nimmt, was seine Speicher fassen,
Der Abt wählt sich den edeln Firnewein,
Der König sperrt' die Brücken und die Straßen
Und sprach: der Zehente ist mein.

Ganz spät, nachdem die Teilung längst geschehen,
Naht der Poet, er kam aus weiter Fern' ;
Ach, da war überall nichts mehr zu sehen,
Und alles hatte seinen Herrn.

Weh mir ! so soll denn ich allein von allen
Vergessen sein, ich, dein getreuster Sohn ?
So ließ er laut der Klage Ruf erschallen,
Und warf sich hin vor Jovis Thron.

Wenn du im Land der Träume dich verweilet,
Versetzt der Gott, so hadre nicht mit mir.
Wo warst du denn, als man die Welt geteilet ?
Ich war, sprach der Poet, bei dir.

Mein Auge hing an deinem Angesichte,
An deines Himmels Harmonie mein Ohr;
Verzeih dem Geiste, der, von deinem Lichte
Berauscht, das Irdische verlor !

Was thun ? spricht Zeus, - die Welt ist weggegeben,
Der Herbst, die Jagd, der Markt ist nicht mehr mein
Willst du in meinem Himmel mit mir leben,
So oft du kommst, er soll dir offen sein."

"Hegire (G.)

Nord und West und Süd zersplittern,
Throne bersten, Reiche zittern,
Flüchte du, im reinen Osten,
Patriarchenluft zu kosten,
Unter Lieben, Trinken, Singen,
Soll dich Chisers Quell verjüngen.

Dort, im Reinen und im Rechten,
Will ich menschlichen Geschlechten
In des Ursprungs Tiefe dringen,
Wo sie noch von Gott empfingen,
Himmelslehr' in Erdesprachen,
Und sich nicht den Kopf zerbrachen.

Wo sie Väter hoch verehrten,
Jeden fremden Dienst verwehrten,
Will mich freun der Jugendschranke;
Glaube weit, eng der Gedanke.
Wie das Wort so wichtig dort war,
Weil es ein gesprochen Wort war.

Will mich unter Hirten mischen,
An Oasen mich erfrischen,
Wenn mit Caravanen wandle,
Schawl, Caffe und Moschus handle;
Jeden Pfad will ich betreten,
Von der Wüste zu den Städten.

Bösen Felsweg auf und nieder
Trösten Hafis deine Lieder,
Wenn der Führer mit Entzücken,
Von des Maulthiers hohem Rücken,
Singt, die Sterne zu erwecken,
Und die Räuber zu erschrecken.

Will in Bädern und in Schenken,
Heil'ger Hafis dein gedenken,
Wenn den Schleyer Liebchen lüftet,
Schüttlend Ambralocken düftet,
Ja des Dichters Liebeflüstern,
Mache selbst die Huris lüstern.
Wollt ihr ihm denn dies beneiden,
Oder etwa gar verleiden;
Wisset nur, daß Dichterworte,
Um des Paradieses Pforte,
Immer leise klopfend schweben,
Sich erbittend ew'ges Leben."

"Sehnsucht (G.)

Dies wird die letzte Trän' nicht sein
Die glühend Herz auf quillet,
Das mit unsäglich neuer Pein
Sich schmerzvermehrend stillet.

O! laß doch immer hier und dort
Mich ewige Liebe fühlen;
Und mögt' der Schmerz auch also fort
Durch Nerv' und Adern wühlen.

Könnt' ich doch ausgefüllt einmal
Von dir, o Ew'ger werden
- Ach diese lange, tiefe Qual
Wie dauert sie auf Erden!"

"Selige Sehnsucht (S.)

Sagt es niemand, nur den Weisen,
Weil die Menge gleich verhöhnet,
Das Lebend'ge will ich preisen,
Das nach Flammentod sich sehnet.

In der Liebesnächte Kühlung,
Die dich zeugte, wo du zeugtest,
Ueberfällt dich fremde Fühlung,
Wenn die stille Kerze leuchtet.

Nicht mehr bleibest du umfangen,
In der Finsterniß Beschattung,
Und dich reißet neu Verlangen
Auf zu höherer Begattung.

Keine Ferne macht dich schwierig,
Kommst geflogen und gebannt,
Und zuletzt, des Lichts begierig,
Bist du Schmetterling verbrannt.

Und so lang du das nicht hast,
Dieses: Stirb und werde !
Bist du nur ein trüber Gast
Auf der dunklen Erde.

Thut ein Schilf sich doch hervor,
Welten zu versüßen !
Möge meinem Schreibe-Rohr
Liebliches entfließen."

"Wink (G.)

Und doch haben sie Recht, die ich schelte,
Denn daß ein Wort nicht einfach gelte,
Das müßte sich wohl von selbst verstehn;
Das Wort ist ein Fächer ! Zwischen den Stäben
Blicken ein paar schöne Augen hervor.
Der Fächer ist nur ein lieblicher Flor,
Er verdeckt mir zwar das Gesicht;
Aber das Mädchen verbirgt er nicht.
Weil das Schönste was sie besitzt
Das Auge, mir in's Auge blitzt."

Erwählung (G.)

Du bist ein Buchstabe vom Wort
und bist mir in den Leib gepflanzt,
und wie ein Licht die Flamme hat
und wird vom ew'gen Feuer satt,
so trägst Du zu dem Wort mich fort.

Zum Wort das mich ganz trunken macht,
sowohl bei Tag als in der Nacht,
zum Wort das mir das Leben prägt
und das ohne Dich nicht wär -
geb Dich deshalb nimmer her.

Und so führst Du Kern der Kerne
mich beseelt zum Stern der Sterne,
daß ich darin Ruhe fänd
schmelzend, fließend hingetrübt
wie es nur die Liebe gibt.

Geheimnis (E.)

Ein Geheimnis in dem Buche,
schaulich und so wunderschön,
unser Hoffnung aller Werden,
Sinnbild höchsten Glücks auf Erden,
werden wir es je versteh'n ?

Wenn wir es nicht in uns lösen,
wo soll es denn außen sein ?
Keiner bietet uns die Lösung,
außer unser Sein im Sein.

Höchsten Glückes sind wir mächtig,
finden wir den Schlüssel nur,
es ist lösbar, dieses Rätsel,
gleicht nicht Kreises Quadratur.

Aber es bleibt ewig Rätsel,
jenen, die die Pforte meiden,
dieses Glück ist nicht erkäuflich,
jeder muß es selbst durchleiden.

"Geheimschrift (G.)

Laßt euch, o Diplomaten !
Recht angelegen seyn,
Und eure Potentaten
Berathet rein und fein.
Geheimer Chiffern Sendung
Beschäftige die Welt
Bis endlich jede Wendung
Sich selbst in's Gleiche stellt.

Mir von der Herrin süße
Die Chiffer ist zur Hand,
Woran ich schon genieße,
Weil sie die Kunst erfand.
Es ist die Liebesfülle
Im lieblichsten Revier
Der holde, treue Wille,
Wie zwischen mir und ihr.

Von abertausend Blüten,
Ist es ein bunter Strauß,
Von englischen Gemüthen,
Ein vollbewohntes Haus;
Von buntesten Gefiedern
Der Himmel übersä't,
Ein klingend Meer von Liedern,
Geruchvoll überweht.

Ist unbedingten Strebens
Geheime Doppelschrift,
Die in das Mark des Lebens
Wie Pfeil um Pfeile trifft.
Was ich euch offenbaret,
War längst ein frommer Brauch,
Und wenn ihr es gewahret,
So schweigt und nutzt es auch."

"Lesebuch (G.)

Wunderlichstes Buch der Bücher,
Ist das Buch der Liebe;
Aufmerksam hab ich's gelesen:
Wenig Blätter Freuden,
Ganze Hefte leiden,
Einen Abschnitt macht die Trennung,
Wiedersehn ! ein klein Capitel
Fragmentarisch. Bände Kummers
Mit Erklärungen verlängert,
Endlos ohne Maas.
O ! Nisami ! - doch am Ende,
Hast den rechten Weg gefunden:
Unauflösliches, wer löst es ?
Liebende sich wieder findend."

"Ein tiefer Zauber nimmt mein Herz gefangen,
Der nicht im Einzelnen, wie: Rosenwangen,
Rubinenmund, Haar, Grübchen, Auge liegt,
Doch sinnbethörend über Alles fliegt."   (H.)

Heroe (E.)

Ritter des Licht's - vertreibe das Dunkel,
halte die Scharen des Übels in Schach,
bringe die Rose der Vielgeliebten !

Ziehe durchs Land und schlage den Stahl,
Heroe vergangener Zeit,
daß Freude wird endlich aus niedriger Qual.

Den Schierlingsbecher nimm der Welt,
und schenke ein vom klaren Wein,
daß wir der Liebsten stets gedenken,
im Anblick Deines Widerscheins.

Personalie (E.)

Sie ist die Frohnatur,
die weißen Haare schänden nicht,
das Leben hat tiefe Falten ins Gesicht und Gewand geschnitten,
sie weiß, was Leben heißt.

Sie hebt sich ab von den öden, eintönig stöhnenden Steinen der Stadt,
ihre Lichtgestalt erhellt die Gassen,
ihr Innerstes bringt sie zum Äußeren,
bei ihrem Anblick belebt sich meine Seele.

Der Wein im Glas sei ihr gewidmet,
verdanken wir doch die Köstlichkeiten desselben ihr,
der Frohnatur.
"Wer stolz mich schmäht,weil Schönheit mich
stets lockt zu neuen Huldigungen,
Beweißt nur, daß er selber sich
zum Höchsten niemals aufgeschwungen.

Das ewige Mysterium
der Schönheit faßt die Liebe nur:
Der Thor sieht Mängel überall
von eig'ner Wichtigkeit durchdrungen.

Weil er Nichts fühlt, begreift er Nichts,
und glaubt als Tadler groß zu sein:
Wer wahrhaft groß und weise ist,
wird von der Schönheit ganz bezwungen."   (H.)

"Liebeskrank um Dich, an meiner Herzenswunde sterb' ich;
Weil ich fern muß bleiben Deinem Rosenmunde, sterb' ich
Doch wozu viele Worte ? Kurz gesagt:
Kommst Du eilig nicht zum stillen Liebesbunde, sterb' ich !"   (H.)

Eingeliebte - Vielgeliebte (E.)

Tausend kleine Sterne funkeln,
mir im Hellen wie im Dunkeln,
sind die Augen der Geliebten.

Du, Du meine Eingeliebte,
liebst und liebtest Du auch viele,
so ist es doch ungelogen,
hast Du mich noch nie betrogen.

Ist Dein Name unbekannt
bin ich doch in Dir gebannt,
Herzflammen schlagen hörerer Weise
weiß ich Dich in meinem Kreise.

Und zwei große Sterne funkeln,
wie im Hellen so im Dunkeln,
sind die Seelen der Verliebten.

Liebessehnsucht (E.)

Ich lag hellwach,
suchte Deine Augen unter den Sternen,
doch Du warst fern.
So kamen die Dämonen,
taten ihr Werk.

Und ich rief sie an : "Sie ist stärker als ihr !"

Da hörte ich Deine Stimme;
sie lockte mich zur goldenen Pforte,
wir waren vereint in der Liebe,
Deine Liebe ist mächtig.

Wiederkehrende Liebe (E.)

Rosengebettete, fest umschlungene Liebe droht zu entflieh'n
in der Hitze des Tages,
um still und heimlich zurückzukehren
in der Kühle der Nacht.

So die Gedanken, sich aufbäumend Felsen erklimmen und den Himmel,
zerfallen zu Sand in des Lebens Müh'n,
dahinfließend dumpf und stumm gewußt ihrer Quelle,
alles fließend, alles vergänglich - doch bleibt die Liebe bei Nacht.

Sich verstärkende Liebe (E.)

Fortgedrängt die Nacht den Abend
halt ich Dich in meinen Armen,
und wie sehr wir uns auch lieben
werden wir doch nie ermüden
wenn es still ist um uns her.

Fortgedrängt der Tag die Nacht,
leise Du mir sanft entschwindest,
um zu suchen mich am Abend -
findend, tausendfach erlabend
mich in Deinem Lieberausch.

Neue Nacht mit ihrer Kühle
knüpfet tieferes Liebesband,
sinnlich enger, wohlvertrauter,
ich zu Dir im Herzen fand,
und der Nächte sind noch viele !

"Der Weg zu Dir ist dornenvoll verschlungen,
Wo ist der Wandrer, der das Ziel errungen ?
Weißt Du wohl, wer am besten liebt ? Der Mann,
Deß Herz vom Hauch des Göttlichen durchdrungen."   (H.)

Vermählung (E.)

Wenn ich Jüngling - morgenschön
rüst voll mich in Erbauung,
jauchzend zu innerlichen Höh'n,
führt mich die Braut zur Trauung.

Sie ist - versprochen - ein Leben lang
werd ich die Treue halten,
und sollt ich je ihr untreu sein,
wird sie mein Ich mir spalten.

Als drittes nehm ich in das Rund
die Traumfrau - was wird's werden ?
Es wird aus diesem Dreierbund
das höchste Glück auf Erden.

Menschliche Beziehungen (E.)

Gehen Er und Sie mit zwei Namen durchs Leben,
wird die Beziehung ein langweiliges Unterfangen;

Gehen Er oder Sie mit dem dritten Namen durchs Leben,
wird die Beziehung ein Mißverständnis;

Gehen Er und Sie mit dem dritten Namen durchs Leben,
wird die Beziehung eine vollendete.

Verkehrte Liebeslegie (E.)

Der Stein der Weisheit ist 's,
der aus dem Dunkel bricht,
er gibt die Hoffnung aus
wider dem Nichtsehen des ewigen Lebens.

Es schaudert die Welt, doch verzückt
der Liebe innig zwischen Mann und Weib
offenbart sich Gott in unseren Seelen,
so wir eins sind in Fleisch und Blut.

Seelenschmelze (S.)

Ineinanderfließende Seelen,
was wollt Ihr mehr ?

Wollt Ihr mehr sein als die Gottgestalten Zeus und Hera ?
Höher sein als die Himmelskörper Saturnus und Juno ?

Ihr seid mehr, ihr seid höher !
Ihr seid der Zusammenfluß des Göttlichen selbst !

"Weisheit und Klugheit (S.)

Willst du, Freund, die erhabensten Höhn der Weisheit erfliegen,
Wag' es auf die Gefahr, daß dich die Klugheit verlacht.
Die Kurzsichtige sieht nur das Ufer, das dir zurückflieht,
Jenes nicht, wo dereinst landet dein mutiger Flug."

"Laß Dich nur in keiner Zeit
Zum Widerspruch verleiten,
Weise fallen in Unwissenheit,
Wenn sie mit Unwissenheit streiten."   (G.)

Dümmer ist nichts zu ertragen,
Als wenn Dumme sagen den Weisen;
Daß sie sich in großen Tagen,
Sollten bescheidentlich erweisen."   (H.)

Der Stein der Weisheit (E.)

Ein Stein tief in mir auf dem Grund
von gült'nem Erz durchwunden,
im Brunnen ist 's, im Lebensquell,
er ward noch ungefunden.

Ich stand jahrein, jahraus am Rand,
der sprudelnd Lebensquellengicht,
so sehr ich auch mich abgemüht,
die Quellengicht sperrte die Sicht.

So sucht' ich an der Himmelsfeste
nach Antworten des Lebens,
mein Bitten, Fleh'n blieb ungehört,
die Rufe war'n vergebens.

Erst in späten, reifen Tagen
wird Wasserfläche glatt,
der Stein blinkt sichtbar in der Tiefe,
ich tauch zu ihm hinab.

Glanz und Schein bleiben für immer,
ich sie so noch nie gekannt,
der Liebe Wort gilt unumwunden,
den Stein der Weisheit ich jetzt fand.

Zionwolken (E.)

Zion-Wolken ziehen Kreise
wohl in allen Wetterlagen,
nehmen Weise mit zur Reise
höchst beglückt an allen Tagen.

Die Eule Minervas (E.)

Wenn die Eule Minervas mit ihren rudernden Schwingen
hineinschlägt in die Dämmerung der Nacht,
steigt in ihrem tiefsten Schatten der Aar auf zum Araboth,
zu bestimmen das nächste parusische Opfer

Du Ich (E.)

Hallo Du Ich !
Forme Dich,
begreife Dich,
erhebe Dich zu Dir selbst.

Ich bin das Du,
das Du des anderen,
dem Ich'e gleich,
der Seele Kern und Dir nicht fern.

Ich und Du gehören dazu
zum Friedengeist,
nur daß manchmal es ich und Du,
Du und ich es heißt.

Und nun hör zu !
Du bist ich und ich bin Du.

"Freysinn (G.)

Laßt mich nur auf meinem Sattel gelten !
Bleibt in euren Hütten, euren Zelten !
Und ich reite froh in alle Ferne,
Ueber meiner Muetze nur die Sterne.

Er hat euch die Gestirne gesetzt,
Als Leiter zu Land und See:
Damit ihr euch daran ergötzt,
Stets blickend in die Höh."

Reflexionen (E.)

Hier oben auf dem Berg ich steh,
mein Blick sich wirft hinab ins Tal,
ein Leben regt sich tausendfach,
behang'n mit Glück, behang'n mit Qual.

Und wenn der Geist sich einläßt dann,
auf irdisch Lebens Zinne,
der Zeitgeist ist 's, der alles treibt,
Zeitnot vernebelt Sinne.

Heb ich den Blick jetzt himmelwärts,
dorthin, wo ewig Leben sei,
es ist der Glaube an den Einen,
der macht Gedanken sorgenfrei.

So steig hinab ich von der Höh
wohl in des Abend Lichterschein,
mit guten Muts an Leib und Seel
wird 's Leben morgen lichter sein.

Rosen und Lilie (E.)

Wie die Ros' den Lebensgarten,
ziert die Lilie Gottes Reich,
bunt sind alle Lebensarten,
schlohweiß nur der weise Scheich.

Tausend Rosen braucht 's zum Blühen,
daß ihr Duft zum Himmel steige,
aber nur die eine Lilie,
die dem Menschenherz sich neige.

Rosen welken, doch ihr Flair
prägt Erinnerung im Sinn,
Lilie welket nimmermehr
herbergt in der Seele drin.

"Sprache (S.)

Warum kann der lebendige Geist dem Geist nicht erscheinen ?
Spricht die Seele, so spricht, ach ! schon die Seele nicht mehr."

"Wahl (S.)

Kannst du nicht allen gefallen durch deine That und dein Kunstwerk,
Mach' es wenigen recht; vielen gefallen ist schlimm.
"Wirf, Hafis, von Dir die Kapuze,
Und mach' Dein Leben Dir zu Nutze,
Du weißt, wie häufig Trug und Schande
Sich hüllt in heilige Gewande."   (H.)

"Gewarnt (G.)

Auch in Locken hab' ich mich
Gar zu gern verfangen.
Und so Hafis ! wär's wie dir
Deinem Freund ergangen.

Aber Zöpfe flechten sie
Nun aus langen Haaren,
Unterm Helme fechten sie,
Wie wie wohl erfahren.

Wer sich aber wohl besann,
Läßt sich so nicht zwingen,
Schwere Ketten fürchtet man,
Rennt in leichte Schlingen."

Glaubst Du denn von Mund zu Ohr
Sey ein redlicher Gewinnst ?
Überliefrung, o du Thor !
Ist auch wohl ein Hirngespinnst.
Nun geht erst das Urtheil an,
Dich vermag aus Glaubensketten
Der Verstand allein zu retten,
Dem du schon Verzicht gethan."   (G.)

"Bedenklich (G.)

Soll ich von Smaragden reden,
die dein Finger niedlich zeigt ?
Manchmal ist ein Wort vonnöthen,
Oft ist 's besser daß man schweigt.

Also sag' ich: daß die Farbe
Grün und augerquicklich sey !
Sage nicht daß Schmerz und Narbe
Zu befürchten nah dabey.

Immerhin ! du magst es lesen !
Warum übst du solche Macht !
So gefährlich ist dein Wesen
Als erquicklich der Smaragd."

"Vater - Lobpreisung in Gemeine" (E.)

Vater, der du warst, bist und bleibst,
geheiligt wird dein Name,
dein Reich besteht,
dein Wille geschieht,
wie im Himmel so auf Erden;
unser täglich Brot gibst du uns heute,
und vergibst uns unsere Schuld,
wie auch wir vergeben wollen unseren Schuldigern,
überlaß uns nicht der Versuchung
und erlöse uns von dem Übel,
denn dein ist das Reich und die Kraft
und die Herrlichkeit in Ewigkeit,
Amen.

"Zwei und siebzig Secten streiten -
laß sie thun, wie sie's verstehn !
Die an's Thor des Irrwahns klopfen,
werden nie die Wahrheit sehn.

Wahres Feuer ist nicht jenes,
das aus Kerzen flackernd loht;
Wahres Feuer ist die Liebe,
die den Falter treibt zum Tod.

Hafis ! Keiner hob den Schleier
vom Gedankenangesicht
So wie Du, seit man der Wortbraut
krauße Haare kämmt und flicht !"   (H.)

"Das Gewesne wollte hassen,
Solche rüstige neue Besen,
Diese dann nicht gelten lassen,
Was sonst Besen war gewesen.

Und wo sich die Völker trennen,
Gegenseitig im Verachten,
Keins von beyden wird bekennen
Daß sie nach demselben trachten.

Und das grobe Selbstempfinden
haben Leute hart gescholten,
Die am wenigsten verwinden,
Wenn die andern was gegolten."   (G.)

"Einen Helden mit Lust preisen und nennen,
Wird jeder der selbst als kühner stritt,
Des Menschen Werth kann niemand erkennen,
Der nicht selbst Hitze und Kälte erlitt."   (G.)

"Die Antiken zu Paris (S.)

Was der Griechen Kunst erschaffen,
Mag der Franke mit den Waffen
Führen nach der Seine Strand,
Und in prangenden Museen
Zeig' er seine Siegstrophäen
Dem erstaunten Vaterland !

Ewig werden sie ihm Schweigen,
Nie von den Gestellen steigen
In des Lebens frischen Reihn.
Der allein besitzt die Musen,
Der sie trägt im warmen Busen,
Dem Vandalen sind sie Stein."

Der Maler - seine Produktion und Akzeptanz (E.)

Der Maler vor der Leinwand lebt,
sein Geist ist ihm gar wohlgefüllt,
vor Augen trägt er manches Bild
aus seiner tiefen Phantasie.
Wird es ihm diesmal auch gelingen,
das was ihn treibt, aufs Blatt zu bringen ?

Tausendfach hat er gesetzt
im Geiste jeden Pinselstrich,
das auch das Werk genau so werde
wie er sich 's dachte, so an sich,
so göttlich, löblich, himmelan
ein Kunstwerk man nur formen kann.

Mit schwungvoll fließend Kreidestrich
er jeden Punkt hat vormarkiert,
hier strukturiert - dort hinten nicht,
mit Farben fein er nuanciert,
es soll gar meisterlich vollendet -
so, daß sich jeder gern ihm wendet.

Allein der Preis trägt seine Kosten nicht,
der Künstler schafft rein ideell
im Schweiße seines Angesichts,
mit seiner inner'n Geisteskraft,
er Bilder zu dem Bilde schafft.

Auch ein Kelch war mit dabei,
12 Männer standen wohl im Rund
als Brot gebrochen ward entzwei
und man den Wein führte zum Mund.
Nebens Signum dann zuletzt
ein Lamm als ein Symbol er setzt,
und namens "Agnus Dei" es nennt,
damit es jeder gleich erkennt.

Nun hängt das Werk aus Künstlerfleiß
ganz still in einer Galerie,
damit es zu betrachten weiß,
er und es und auch die sie.
"Schau mal Kleiner wie schön bunt,
ist 's am Rande Katz' oder Hund ?
Der Künstler hat sich was gedacht,
komm schnell zum nächsten -
es wird bald Nacht !"

Und so kommt es zum guten Schluß,
daß jeder sich voll Kunstgenuß
zum Imbiß vorm Museum stahl,
um zu verzehr'n - das Abendmahl.

Altägyptische Inschrift der verschleierten Isis-Statue
im Tempel der Göttin zu Sais:
"Ich bin das All, das war und ist und sein wird,
aber meine Hülle hat noch kein Sterblicher aufgedeckt."
Plutarch, 254 v.Chr.

"Das verschleierte Bild zu Sais (S.)

Ein Jüngling, den des Wissens heißer Durst
Nach Sais in Ägypten trieb, der Priester
Geheime Weisheit zu erlernen, hatte
Schon manchen Grad mit schnellem Geist durcheilt;
Stets riß ihn seine Forschbegierde weiter,
Und kaum besänftigte der Hierophant
Den ungeduldig Strebenden. "Was hab' ich,
Wenn ich nicht alles habe ?" sprach der Jüngling;
"Giebt' s etwa hier ein Weniger und Mehr ?
Ist deine Wahrheit, wie der Sinne Glück,
Nur eine Summe, die man größer, kleiner
Besitzen kann und immer doch besitzt ?
Ist sie nicht eine einz'ge ungeteilte ?
Nimm einen Ton aus einer Harmonie,
Nimm eine Farbe aus dem Regenbogen,
Und alles, was dir bleibt, ist nichts, solang
Das schöne All der Töne fehlt und Farben."

Indem sie einst so sprachen, standen sie
In einer einsamen Rotonde still,
Wo ein verschleiert Bild von Riesengröße
Dem Jüngling in die Augen fiel. Verwundert
Blickt er den Führer an und spricht: "Was ist 's,
Das hinter diesem Schleier sich verbirgt ?" -
"Die Wahrheit," ist die Antwort. - "Wie ?" ruft jener,
"Nach Wahrheit streb' ich ja allein, und diese
Gerade ist es, die man mir verhüllt ?"

"Das mache mit der Gottheit aus," versetzt
Der Hierophant. "Kein Sterblicher, sagt sie,
Rückt diesen Schleier, bis ich selbst ihn hebe.
Und wer mit ungeweihter, schuld'ger Hand
Den heiligen, verbotnen früher hebt,
Der, spricht die Gottheit" - "Nun ?" - "Der sieht die Wahrheit."
"Ein seltsamer Orakelspruch ! Du selbst,
Du hättest also niemals ihn gehoben ?" -
"Ich ? Wahrlich nicht ! Und war auch nie dazu
Versucht." - "Das fass' ich nicht. Wenn von der Wahrheit
Nur diese dünne Scheidewand mich trennte" -
"Und eine Gesetz," fällt ihm sein Führer ein.
"Gewichtiger, mein Sohn, als du es meinst,
Ist dieser dünner Flor - für deine Hand
Zwar leicht, doch zentnerschwer für dein Gewissen."

Der Jüngling ging gedankenvoll nach Hause;
Ihm raubt des Wissens brennende Begier
Den Schlaf, er wälzt sich glühend auf dem Lager
Und rafft sich auf um Mitternacht. Zum Tempel
Führt unfreiwillig ihn der scheue Tritt.
Leicht ward es ihm, die Mauer zu ersteigen,
Und mitten in das Innre der Rotonde
Trägt ein beherzter Sprung den Wagenden.

Hier steht er nun, und grauenvoll umfängt
Den Einsamen die lebenlose Stille,
Die nur der Tritte hohler Widerhall
In den geheimen Grüften unterbricht.
Von oben durch der Kuppel Öffnung wirft
Der Mond den bleichen, silberblauen Schein,
Und furchtbar, wie ein gegenwärt'ger Gott,
Erglänzt durch des Gewölbes Finsternisse
In ihrem langen Schleier die Gestalt.

Er tritt hinan mit ungewissem Schritt;
Schon will die freche Hand das Heilige berühren,
Da zuckt es heiß und kühl durch sein Gebein
Und stößt ihn weg mit unsichtbarem Arme.
Unglücklicher, was willst du thun ? so ruft
In seinem Innern eine treue Stimme.
Versuchen den Allheiligen willst du ?
Kein Sterblicher, sprach des Orakels Mund,
Rückt diesen Schleier, bis ich selbst ihn hebe.
Doch setzte nicht derselbe Mund hinzu:
Wer diesen Schleier hebt, soll Wahrheit schauen ?
"Sei hinter ihm, was will ! Ich heb' ihn auf."
Er ruft 's mit lauter Stimm': "Ich will sie schauen." Schauen !
Gellt ihm ein langes Echo spottend nach.

Er spricht 's und hat den Schleier aufgedeckt.
"Nun," fragt ihr, "und was zeigte sich ihm hier ?"
Ich weiß es nicht. Besinnungslos und bleich,
So fanden ihn am andern Tag die Priester
Am Fußgestell der Isis ausgestreckt.
Was er allda gesehen und erfahren,
Hat seine Zunge nie bekannt. Auf ewig
War seines Lebens Heiterkeit dahin,
Ihn riß ein tiefer Gram zum frühen Grabe.
"Weh dem," dies war sein warnungsvolles Wort,
Wenn ungestüme Frager in ihn drangen.
"Weh dem, der zu der Wahrheit geht durch Schuld:
Sie wird ihm nimmermehr erfreulich sein."

"Talismane (G.)

"Uebermacht, Ihr könnt es spüren,
Ist nicht aus der Welt zu bannen,
Mir gefällt zu conversiren,
Mit Gescheiten, mit Tyrannen.

Da die dummen Eingeengten,
Immerfort am stärksten pochten,
Und die Halben, die Beschränkten,
Gar zu gern uns unterjochten.

Hab`ich mich für frey erkläret,
Von den Narren, von den Weisen,
Diese bleiben ungestöret,
Jene möchten sich zerreißen."

MÄRKTE REIZEN dich zum Kauf;
Doch das Wissen blähet auf.
Wer im Stillen um sich schaut,
Lernet wie die Lieb' erbaut.
Bist du Tag und Nacht beflissen
Viel zu hören viel zu wissen;
Horch an einer andern Thüre
Wie zu wissen sich gebühre.
Soll das Rechte zu dir ein
Fühl' in Gott was Rechts zu seyn;
Wer von reiner Lieb' entbrannt
Wird vom lieben Gott erkannt."   (G.)

Salve (E.)

Salve Dir Gesangesbruder
Kritzler vieler tausend Worte !
Hafissen galt Deine Preisung,
wärest fast ein Herrnhuter !

Deine ungemaßte Rhytmen-Schar,
hat durchschritten felsig Tal,
formulierend sich bekannt
wie Dein Freigeist nun mal war.

Dichters Vierfalt wohl beherrscht
ließ die Liebesranke manchmal locker,
doch bevor das Blatt verdorrt
und Du in die Tiefe sankest
fand'st Du Dich am rechten Ort.

Warst ein Träumer, warst ein Schwärmer
allertiefster Seelenliebe,
das Leben zeichnete Dir nur ärmer,
gebar's der Liebsten Liebe Diebe.

Entree (E.)

Ein Blatt ist 's,
das Dir neues Leben vergönnt,
in der Wüste des Occident's,
der Reife des Dichters Jahre.

Die liebste Liebe Suleika Dir,
gleichest singend Dich mit Hatem,
wirfst dichterische Perlen in das Rund,
gefüllt von Geheimnissen Deiner Seele.

West-Oestlicher Divan - Epilog (E.)

Der Dichterfürst gereift, ergraut,
mit in den Orient uns nimmt,
und er, wenn man's genau beschaut,
sein eig'nes Hohelied nur singt;
wie er verlor und wie er fand,
das was ihn reifte zum Genie,
wie er sich inner'n Zweifeln wandt,
und fand - die Liebespoesie.

Singt und lacht
und stellt uns Rätsel,
manches von uns ungelöst,
wenn er Reime reimt zu Reimen,
wird das Höchste zum Geheimen,
ruhend, wenn die Liebe döst.

Aber hat sie ihn ergriffen,
tausendfach sind seine Bilder,
wird die fühlend noch erwidert,
schlägt sein Herz noch um so wilder
sich in feiner Feder nieder,
seid willkommem Glückes Lieder !

Ehrung (E.)

Als "Dichterfürst" zu Recht benamst,
der Könige gab es zu viele,
dem Phönix gleicht Dein Sinnenbild,
wie Du zu wahrer Liebe kamst.

Du eintest einst verschiedne Welten,
dein Tiefstes stets nach außen drang,
dem Wissen warst Du eng verbunden,
dem Glauben wohl ein Leben lang.

Agape hast Du viel gehuldigt,
Eros und Philia durchmessen,
Höh'n und Tiefen dieses Lebens,
hast Du fragelos besessen.

Aeolenharfen-Klängen gleich,
ergingen Deine Flehgesänge,
erlebtest das Bramanreich -
den Widerspruch zur Lebensenge.

Nicht Katalia war der Quell,
kehrtest gern bei Chiser ein,
und der Schenke aller Schenke
schenkte ein vom besten Wein.

Liebe und Wein hielten stets jung,
sie waren Dir Begeisterung,
und wenn das Herz dann überquoll
so gnädig - warst Du thätig.

Du warts erkannt, Du warst verkannt,
in weiter Äquivokation,
der Genius ist für Stümper nicht,
sie spaltet an Dir - die Nation.

Vor Irrungen warst nicht gefeit,
Geweihter Name - unbekannt
jetzt Deine Werke vor sich ruh'n,
sie brauchen bald ein neues Land.

Ein Land, das Dichterherzen trägt,
welch gibt für Dich den rechten Lohn,
das Menschen so wie Du warst, prägt,
Dir, Fürst, gehört die Kaiserkron !

Wähnst Du des Turbans bess're Zier,
ganz rein und sillberstreifig,
aus Geistes-Reise zu Muslimen,
so ist's egal, sei er es drum
zu Deiner Ehr zu dienen.

Nachruf (E.)

Du eignetest Dich zu
des Geistesreichs Ruh,
doch schwankend blieb die Welt,
sie folgt dem anderen Weg,
der leichter fällt.

Deiner Wegerichtung Wert
erkennt sie nicht,
deshalb ihr Verständnis
für das Werk gebricht.

Vergangenheit und Gegenwart,
hast Du in Eins verscharrt,
und Deine Nachwelt -
gekonnt genarrt.

Durch Deinen Freigeist leuchtet Mut,
da ziehe jeder seinen Hut !

Doch ein Umstand ist zu tadeln -
wie Du den Pfau wohl präferierst.
Ist sein Geschrei Dir unerträglich,
fluchst Du der Streifengans Gesang,
obwohl das Tier - nicht grade zierlich -
es doch viel höher fliegen kann.

An Hafis (E.)

Leider Hafis irrtest auch Du,
suchstests 's Paradies in Himmels Blauen,
obgleich unsres Schöpfers Werke
aus jedem Wiesenbunte schauen.

Als Sufi hast Du Dich entzogen,
dem Geist entfernt, der Dir gegeben,
so daß Dir nur in dieser Welt
die Hoffnung blieb auf's ew'ge Leben.

Denn bricht aus Sängers Lied nur Klage,
hat sein Liebchen ihn verlassen,
es währt das Mühsal alle Tage
Worte in Poesie zu fassen.

Wenn man lehrt den Becher Wein,
soll 's wohl ein besond'rer sein,
der mit der Liebesfeuerglut
für neues Leben erwecket Mut.

Flammen dieses Liebesfeuers,
zeugen heiß entbrannte Herzen,
stimmungsvoll die eine Rose
und dazu leuchtende Kerzen.

Ist auch die Blütezeit der Rose
im Dornenwald gezählt in Tagen,
ihr Abbild bleibt uns jederzeit,
wohl zum Preisen - nicht zum Klagen.

Sehnsucht (E.)

Birkenstämme säumen Dich
Feld der freien Seelen,
und so manchmal träume ich,
durch des Genius Pforte
ganz so ohne Worte
mich zu Dir zu stehlen.

"Theophanie. (S.)

Zeigt sich der Glückliche mir, ich vergesse die Götter des Himmels;
Aber sie stehn vor mir, wenn ich den Leidenden seh'."

"Solang des Himmels Rathschluß unvollendet,
Thu', was Du willst, Dein Glück wird nicht gewendet;
Im Becher aus der Hand der Schönheit wird
Dir eine Quelle steten Glücks gespendet."   (H.)

"Die Flut der Zeit zerstört den Bau des Lebens,
Du schlürfst den letzten Freudenthau des Lebens.
Werd' , Alter, endlich klug: bald nimmt die Zeit
Geräth, Gewinn und alle Schau des Lebens !"   (H.)

"Unsterblichkeit (S.)

Vor dem Tod erschrickst du ?
Du wünschest, unsterblich zu leben ?
Leb' im Ganzen ! Wenn du lange dahin bist, es bleibt."   (H.)

"O, daß verwelkt der Jugend blühend Kleid !
Wär 's doch umsäumt vom Saum der Ewigkeit !

Der Lebensquell versiegt, und wir gewahren
Mit Schmerz, daß wir nicht bleiben, was wir waren.

Wir scheiden von Verwandten und Genossen,
Weil es des Himmels Rathschluß so beschlossen;

Selbst Brüder trennen sich; unwandelbar
Bleibt nur am Himmel das Pherkadenpaar."   (H.)

"Wer so bewegt von glüh'ndem Drange lebt,
In Deiner Herrschaft holdem Zwange lebt,
Merkt bald, wie wahr das Wort : am glücklichsten
Ist, wer genußfroh, nicht wer lange lebt !"   (H.)

"Ich sagte: Deine Lippen sind -
Sie sprach: der reine Quell des Lebens;
Ich sagte: Und dein Mund, mein Kind -
Sie sprach: ist Glutborn süßen Gebens;
Ich sagte: Und Dein Wort, mein Kind -
Sie sprach: Singt Hafis nicht vergebens,
So kann mein Wort von allem Bösen
Die Weisen dieser Welt erlösen."   (H.)

Verlorene Poesie (E.)

Wenn uns die Poesie entschwindet
wird 's traurig in den Herzen,
Hoffnung  nirgends mehr man findet
verlöschen ihre Kerzen.

Und wenn erst dieses Licht erlöscht,
wird 's dunkler auf der Erde,
man sucht recht nach dem Lebenssinn
und möcht ertrinken in Blei und Zinn.

Ist dabei auch das Wachs zerflossen,
"Was soll werden ?" - wird gefragt,
Formen, die früher Kerzen gossen
sind vom Zahn der Zeit zernagt.

Abschiedsworte - frei nach Fr. v.Schiller (E.):

Welche Religion ich bekenne ? Keine von allen,
die Ihr mir nennt, ... und alle.
Und warum ? - aus Religion.