Gedankensplitter von Goethe - Schiller - Erbe

Lebensphilosophische Gedankensplitter Goethes

Jedem Alter des Menschen antwortet eine gewisse Philosophie;
das Kind erscheint als Realist, denn es findet sich so überzeugt von
dem Dasein der Birnen und Äpfel als von dem seinigen.
Der Jüngling von innern Leidenschaften bestürmt muß auf sich selbst
merken, sich vorfüh(l)en, er wird zum Idealisten umgewandelt.
Dagegen ein Skeptiker zu werden hat der Mann alle Ursache; er tut
wohl zu zweifeln ob das Mittel, das er zum Zwecke gewählt hat auch
das rechte sei.
Vor dem Handeln, im Handeln hat er alle Ursache den Verstand be-
weglich zu erhalten, damit er nicht nachher sich über eine falsche
Wahl zu betrüben habe.
Der Greis jedoch wird sich immer zum Mysticismus bekennen; er
sieht daß so vieles vom Zufall abzuhängen scheint, das Un-
vernünftige gelingt, das Vernünftige schlägt fehl, Glück und
Unglück stellen sich unerwartet ins Gleiche;
so ist es, so war es ! und das hohe Alter beruhigt sich in dem der
da ist, der da war und der da sein wird.

[...]; denn am Ende des Lebens gehen dem gefaßten Geiste Gedanken auf,
bisher undenkbare; sie sind wie selige Dämonen, die sich auf den Gipfeln
der Vergangenheit glänzend niederlassen.

"Sage wie es dir gefällt
Solch zerstückeltes Zeug zu treiben ?"
Seht nur hin ! Für gebildete Welt
Darf man nicht anders beginnen und schreiben.

"Warum willst du dich von uns allen
Und unserer Meinung entfernen ?"
Ich schreibe nicht euch zu gefallen
Ihr sollt was lernen.

Wer in der Weltgeschichte lebt
Dem Augenblick sollt' er sich richten ?
Wer in die Zeiten schaut und strebt,
Nur der ist wert zu sprechen und zu dichten.

Die Geheimnisse der Lebenspfade darf und kann man nicht offenbaren;
es gibt Steine des Anstoßes über die ein jeder Wanderer stolpern muß.
Der Poet aber deutet auf die Stelle hin.

Die Menschen wundern sich daß ich es besser weiß wie sie und es ist kein
Wunder, sie halten sehr oft für falsch was ich denke.

Ich erwarte wohl daß mir mancher Leser widerspricht aber er muß doch
stehen lassen was er schwarz und weiß vor sich hat.
Ein anderer stimmt vielleicht mir bei eben dasselbe Exemplar in der Hand.

Die Menge kann tüchtige Menschen nicht entbehren, und die Tüchtigen
sind ihr jederzeit zur Last.

Es ist immer dieselbe Welt, die der Betrachtung offen steht, […] und es
sind immer dieselben Menschen, die im Wahren oder Falschen leben, im
letzten bequemer als im ersteren.

"Es ist was schreckliches um einen vorzüglichen Mann, auf den sich die
Dummen was zu Gute tun."

Der Irrtum ist recht gut so lange wir jung sind, man muß ihn nur nicht mit
ins Alter schleppen.

Was ich in meinem Leben durch falsche Tendenzen versucht habe zu tun,
hab' ich denn doch zuletzt gelernt begreifen.

Der ist der glücklichste Mensch der das Ende seines Lebens mit dem An-
fang in Verbindung setzen kann.

Unser ganzes Kunststück besteht darin, daß wir unsere Existenz aufgeben
um zu existieren.

Gewöhnliches Anschauen, richtige Ansicht der irdischen Dinge, ist ein
Erbteil des allgemeinen Menschenverstandes.
Reines Anschauen des Äußern und Innern ist sehr selten.

Aus der Natur, nach welcher Seite hin man schaue, entspringt Unendliches.

Jacobi "von den göttlichen Dingen" machte mir nicht wohl; wie konnte mir
das Buch eines so herzlich geliebten Freundes willkommen sein, worin ich
die These durchgeführt sehen sollte, die Natur verberge Gott.
Mußte, bei meiner reinen tiefen angeborenen und geübten Anschauungswei-
se die mich Gott in der Natur, die Natur in Gott zu sehen unverbrüchlich ge-
lehrt hatte, so daß diese Vorstellungsart den Grund meiner ganzen Existenz
machte, mußte nicht ein so seltsamer, einseitig beschränkter Ausspruch mich
dem Geiste nach von dem edelsten Manne, dessen Herz ich verehrend liebte,
für ewig entfernen ?

Die Natur ist immer Jehovah
Was sie ist, was sie war, und was sie sein wird.

Die Natur verbirgt Gott ! Aber nicht jedem.

Gott hat die Gradheit selbst ans Herz genommen,
Auf gradem Wege ist niemand umgekommen.

Ich glaube einen Gott, dies ist ein schönes löbliches Wort;
aber Gott anerkennen, wo und wie er sich offenbare,
das ist eigentlich die Seligkeit auf Erden.

Das schönste Glück des denkenden Menschen ist das Erforschliche
erforscht zu haben und das Unerforschliche ruhig zu verehren.

Keppler sagte: Mein höchster Wunsch ist, den Gott den ich im Außen
überall finde, auch innerlich, innerhalb meiner, gleichermaßen gewahr
zu werden.
Der edle Mann fühlte, sich nicht bewußt, daß eben in dem Augenblicke
das Göttliche in ihm mit dem Göttlichen des Universums in genauster
Verbindung stand.

Der Glaube ist ein häuslich, heimlich Capital, wie es öffentliche Spar-
und Hilfskassen gibt, woraus man, in Tagen der Not, Einzelnen ihr Be-
dürfnis reicht; hier nimmt der Gläubige sich seine Zinsen im Stillen
selbst.

Wer nie sein Brod mit Tränen aß,
Wer nicht die kummervollen Nächte
Auf seinem Bette weinend saß,
Der kennt euch nicht, ihr himmlischen Mächte.

Jede große Idee die als ein Evangelium in die Welt tritt wird dem stockenden pe-
dantische(n) Volke ein Ärgernis und einem Viel- aber Leichtgebildeten eine Torheit.

Es gibt Bücher durch welche man alles erfährt und doch zuletzt von der Sache nichts
begreift.
Auch Bücher haben ihr Erlebtes das ihnen nicht entzogen werden kann.

Ich bin überzeugt, daß die Bibel immer schöner wird, je mehr man sie versteht, d.h.
je mehr man einsieht und anschaut, daß jedes Wort, das wir allgemein auffassen und
im Besondern auf uns anwenden, nach gewissen Umständen, nach Zeit- und Orts-
verhältnissen einen eigenen, besondern, unmittelbar individuellen Bezug gehabt hat.

Deshalb ist die Bibel ein ewig wirksames Buch, weil, so lange die Welt steht, Niemand
auftreten und sagen wird: Ich begreife es im Ganzen und verstehe es im Einzelnen.
Wir aber sagen bescheiden: Im Ganzen ist es ehrwürdig, und im Einzelnen anwendbar.

Man streitet viel und wird viel streiten über Nutzen und Schaden der Bibelverbreitung.
Mir ist klar: schaden wird sie wie bisher, dogmatisch und phantastisch gebraucht;
nutzen wie bisher, didaktisch und gefühlvoll aufgenommen.

Unter mancherlei wunderlichen Albernheiten der Schulen kommt mir keine so voll-
kommen lächerlich vor, als der Streit über die Echtheit alter Schriften, alter Werke.
Ist es denn der Autor oder die Schrift die wir bewundern oder tadeln; es ist immer
nur der Autor den wir vor uns haben; was kümmern uns die Namen wenn wir ein
Geisteswerk auslegen.

"Dem Mittelpunkt des Katholizismus mich nähernd, von Katholiken umgeben, mit
einem Priester in eine Sedie eingesperrt, indem ich mit reinstem Sinn die wahrhafte
Natur und die edle Kunst zu beobachten und aufzufassen trachte, trat mir so lebhaft
vor die Seele, daß vom ursprünglischen Christentum alle Spur verloschen ist, ja
wenn ich es mir in seiner Reinheit vergegenwärtige, so wie wir es in den Apostel-
geschichten sehen, so mußte mir schauern, was nun auf jenen gemütlichen Anfängen
ein unförmliches, ja barockes Heidentum lastet."

"Ich kann das Predigen nicht vertragen, ich glaube ich habe in meiner Jugend mich
daran übergessen."

Das Erhabene, durch Kenntnis, nach und nach vereinzelt, tritt vor unserm Geist nicht
leicht wieder zusammen, und so werden wir stufen weise um das Höchste gebracht
was uns gegönnt war, um die Einheit die uns in vollem Maße zur Mitempfindung des
Unendlichen erhebt.
Dagegen wir bei vermehrter Kenntnis immer kleiner werden da wir vorher mit dem
Ganzen als Riese standen sehen wir uns als Zwerg gegen die Teile.

Der Mathematiker ist angewiesen auf's Quantitative, auf alles was sich durch Zahl
und Maß bestimmen läßt und also gewissermaßen auf das äußerliche erkennbare
Universum.
Betrachten wir aber dieses, in so fern uns Fähigkeit gegeben ist, mit vollem Geiste
und aus allen Kräften, so erkennen wir, daß Quantität und Qualität als die zwei Po-
le des erscheinenden Daseins gelten müssen; daher denn auch der Mathematiker
seine Formelsprache so hoch steigert, um, in so fern es möglich, in der meßbaren
und zählbaren Welt die unmeßbare mit zu begreifen.
Nun erscheint ihm alles greifbar, faßlich und mechanisch und er kommt in den Ver-
dacht eines heimlichen Atheismus, indem er ja das Unmeßbarste, welches wir Gott
nennen, zugleich mit zu erfassen glaubt und daher dessen besonderes oder vorzügli-
ches Dasein aufzugeben scheint.

"Was ist denn die Wissenschaft?"
Sie ist nur des Lebens Kraft,
Ihr erzeugt nicht das Leben,
Leben erst muß Leben geben.

Im Betrachten, wie im Handeln, ist das Zugängliche von dem Unzugänglichen zu
unterscheiden: ohne dies läßt sich im Leben wie im Wissen wenig leisten.

Wissen: Das Bedeutende der Erfahrung, das immer in's Allgemeine hin weist.

Es ist nichts schrecklicher als eine tätige Unwissenheit.

Unwissende werfen Fragen auf, welche von Wissenden vor Tausend Jahren schon
beantwortet sind.

Alles Gescheite ist schon gedacht worden, man muß nur versuchen es noch einmal
zu denken.

Wie wenig von dem Geschehenen ist geschrieben worden, wie wenig von dem Ge-
schriebenen gerettet !
Die Literatur ist von Haus aus fragmentarisch, sie enthält nur Denkmale des men-
schlichen Geistes in so fern sie in Schriften verfaßt und zuletzt übrig geblieben sind.

Und doch bei aller Unvollständigkeit des Literarwesens finden wir tausendfältige Wie-
derholung, woraus hervorgeht wie beschränkt des Menschen Geist und Schicksal sei.

Das längst Gefundene wird wieder verscharrt; wie bemühte sich Tycho die Cometen
zu regelmäßigen Körpern zu machen, wofür sie Seneka längst anerkannt.

Das Jahrhundert ist vorgerückt, jeder Einzelne aber fängt doch von vorne an.

Die Weisheit ist nur in der Wahrheit.

Die Menschen verdrießt's, daß das Wahre so einfach ist; sie sollten bedenken, daß
sie noch Mühe genug haben es praktisch zu ihrem Nutzen anzuwenden.

Ein unzulängliches Wahre wirkt eine Zeit lang fort, statt völliger Aufklärung aber tritt
auf einmal ein blendendes Falsches herein, das genügt der Welt und so sind Jahrhun-
derte betört.

Jeder Mensch muß nach seiner Weise denken, denn er findet auf seinem Wege immer
ein Wahres, oder eine Art von Wahrem die ihm durchs Leben hilft; nur darf er sich
nicht gehen lassen; er muß sich kontrollieren; der bloße nackte Instinkt geziemt nicht
dem Menschen.

Man weiß eigentlich das was man weiß nur für sich selbst.
Spreche ich mit einem andern von dem was ich zu wissen glaube, unmittelbar glaubt
er's besser zu wissen, und ich muß mit meinem Wissen immer wieder in mich selbst
zurückkehren.

Bei Erweitung des Wissens macht sich von Zeit zu Zeit eine Umordnung nötig, sie
geschieht meistens nach neueren Maximen, bleibt aber immer provisorisch.

Wenn wir das was wir wissen nach anderer Methode oder wohl gar in fremder Spra-
che dargelegt finden, so erhält es einen sonderbaren Reiz der Neuheit und des fri-
schen Ansehens.

Die originalsten Autoren der neusten Zeit sind es nicht deswegen, weil sie etwas Neu-
es hervorbringen, sondern allein, weil sie fähig sind, dergleichen Dinge zu sagen, als
wenn sie vorher niemals wären gesagt gewesen.

Die neuere Zeit schätzt sich selbst zu hoch, wegen der großen Masse Stoffes, den sie
umfaßt.
Der Hauptvorzug des Menschen beruht aber nur darauf, in wie fern er den Stoff zu be-
handeln und zu beherrschen weiß.

Der törigste von allen Irrtümern ist, wenn junge gute Köpfe glauben ihre Originalität
zu verlieren, indem sie das Wahre anerkennen was von Andern schon anerkannt wor-
den.

Der Irrtum ist viel leichter zu erkennen, als die Wahrheit zu finden; jener liegt auf
der Oberfläche, damit läßt sich wohl fertig werden; diese ruht in der Tiefe, danach
zu forschen ist nicht jedermanns Sache.

Der Menschenverstand der eigentlichst aufs Praktische angewiesen ist irrt nur alsdann
wenn er sich an die Auflösung höherer Probleme wagt (;) dagegen weiß aber
auch eine höhere Theorie sich selten in den Kreis zu finden wo jener wirkt und west.

Das Allgemeine eines solchen Geistes ist die Tendenz zu erforschen ob irgend einem
Object irgend ein Prädicat wirklich zukomme ? und geschieht diese Untersuchung in
der Absicht das als geprüft gefundene in Praxis mit Sicherheit anwenden zu können.

Je weiter man in der Erfahrung fortrückt desto näher kommt man dem Unerforschli-
chen; je mehr man die Erfahrung zu nutzen weiß desto mehr sieht man daß das Uner-
forschliche keinen praktischen Nutzen hat.

Die Natur bekümmert sich nicht um irgend einen Irrtum; sie selbst kann nicht anders
als ewig Recht handeln, unbekümmert was daraus erfolgen möchte.

Zum Ergreifen der Wahrheit braucht es ein viel höheres Organ als zur Verteidigung
des Irrtums.

Vom Absoluten in theoretischem Sinne wag' ich nicht zu reden; behaupten aber darf
ich: daß wer es in Erscheinung anerkannt und immer im Auge behalten hat, sehr gro-
ßen Gewinn davon erfahren wird.

In der Idee leben heißt das Unmögliche behandeln als wenn es möglich wäre.
Mit dem Charakter hat es dieselbe Bewandtnis: treffen beide zusammen, so entstehen
Ereignisse worüber die Welt vom Erstaunen sich Jahrtausende nicht erholen kann.

Eine Nachgesprochne Wahrheit verliert schon ihre Grazie
Aber ein nachgesprochner Irrtum ist ganz ekelhaft.

Nicht die Sprache an und für sich ist richtig, tüchtig, zierlich, sondern der Geist ist
es der sich darin verkörpert; [...].

Und doch ist jede Wortüberlieferung so bedenklich.
Man soll sich, heißt es, nicht an das Wort, sondern an den Geist halten.
Gewöhnlich aber vernichtet der Geist das Wort, oder verwandelt es doch dergestalt,
daß ihm von seiner frühern Art und Bedeutung wenig übrig bleibt.

Kein Wort steht still, sondern es rückt immer durch den Gebrauch von seinem an-
fänglichen Platz, eher hinab als hinauf, eher in's Schlechtere als in's Bessere, ins
Engere (als ins) Weitere, und an der Wandelbarkeit des Worts läßt sich die Wandel-
barkeit der Begriffe erkennen.

Verschiedene Sprüche der Alten, die man sich öfters zu wiederholen pflegt, hatten
eine ganz andere Bedeutung, als man ihnen in späteren Zeiten geben möchte.

Der Sprache liegt zwar die Verstandes- und Vernunftfähigkeit des Menschen zum
Grunde, aber sie setzt bei dem der sich ihrer bedient nicht eben reinen Verstand, aus-
gebildete Vernunft, redlichen Willen voraus.
Sie ist ein Werkzeug, zweckmäßig und willkürlich zu gebrauchen; man kann sie eben
so gut zu einer spitzfindig-verwirrenden Dialectik wie zu einer verworren-verdü-
sternden Mystik verwenden; man mißbraucht sie bequem zu hohlen und nichtigen pro-
saischen und poetischen Phrasen, ja man versucht prosodisch untadelhafte und doch
nonsensikalische Verse zu machen.

Das Einfache durch das Zusammengesetzte, das Leichte durch das Schwierige erklären
zu wollen, ist ein Unheil das in dem ganzen Körper der Wissenschaft verteilt ist, von
den Einsichtigen wohl anerkannt, aber nicht überall eingestanden.

Ein großes Übel in den Wissenschaften, ja überall, entsteht daher, daß Menschen, die
kein Ideenvermögen haben, zu theoretisieren sich vermessen, weil sie nicht begreifen,
daß noch so vieles Wissen hiezu nicht berechtigt.
Sie gehen im Anfange wohl mit einem löblichen Menschenverstand zu Werke, die-
ser aber hat seine Grenzen, und wenn er sie überschreitet kommt er in Gefahr absurd
zu werden.
Des Menschenverstandes angewiesenes Gebiet und Erbteil ist der Bezirk des Tuns
und Handelns.
Tätig wird er sich selten verirren; das höhere Denken, Schließen und Urteilen jedoch
ist nicht seine Sache.

Was man mündlich ausspricht muß der Gegenwart dem Augenblick gewidmet sein,
was man schreibt widme man der Ferne der Folge.

Über die wichtigsten Angelegenheiten des Gefühls wie der Vernunft, der Erfahrung
wie des Nachdenkens, soll man nur mündlich verhandeln.
Das ausgesprochene Wort ist sogleich tot wenn es nicht durch ein folgendes dem
Hörer gemäßes am Leben erhalten wird.
Man merke nur auf ein geselliges Gespräch !
Gelangt das Wort nicht schon tot zu dem Hörer, so ermordet er es alsogleich durch
Widerspruch, Bestimmen, Bedingen, Ablenken, Abspringen, und wie die tausendfäl-
tigen Unarten des Unterhaltens auch heißen mögen.
Mit dem Geschriebenen ist es noch schlimmer; niemand mag lesen, als das woran er
schon einigermaßen gewöhnt ist, das Bekannte, das Gewohnte verlangt er unter
veränderter Form.
Doch hat das Geschriebene den Vorteil, daß es dauert und die Zeit abwarten kann,
wo ihm zu wirken gegönnt ist.

Wenn wir uns dem Altertum gegenüberstellen und es ernstlich in der Absicht an-
schauen, uns daran zu bilden, so gewinnen wir die Empfindung, als ob wir erst ei-
gentlich zu Menschen würden.

Der für dichterische und bildnerische Schöpfungen empfängliche Geist fühlt sich,
dem Altertum gegenüber, in den anmutigstideellen Naturzustand versetzt; und noch
auf den heutigen Tag haben die Homerischen Gesänge die Kraft, uns wenigstens für
Augenblicke von der furchtbaren Last zu befreien, welche die Überlieferung von
mehrern tausend Jahren auf uns gewälzt hat.

Möge das Studium der griechischen und römischen Literatur immerfort die Basis
der höhern Bildung bleiben.

Die Dilettanten, wenn sie das Möglichste getan haben, pflegen zu ihrer Entschul-
digung zu sagen, die Arbeit sei noch nicht fertig.
Freilich kann sie nie fertig werden, weil sie nie recht angefangen ward.
Der Meister stellt sein Werk mit wenigen Strichen als fertig dar, ausgeführt oder
nicht, schon ist es vollendet.
Der geschickteste Dilettant tastet im Ungewissen, und wie die Ausführung wächst,
kommt die Unsicherheit der ersten Anlage immer mehr zum Vorschein.
Ganz zuletzt entdeckt sich erst das Verfehlte, das nicht auszugleichen ist, und so
kann das Werk freilich nicht fertig werden.

Das Was des Kunstwerkes interessiert die Menschen mehr als das Wie; jenes können
sie einzeln ergreifen, dieses im Ganzen nicht fassen.
Daher kommt das Herausheben von Stellen, wobei zuletzt, wenn man wohl aufmerkt,
die Wirkung der Totalität auch nicht ausbleibt, aber jedem unbewußt.

Die Frage: woher hat's der Dichter ? geht auch nur aufs Was, vom Wie erfährt dabei
niemand etwas.

Das Genie mit Großsinn sucht seinem Jahrhundert vorzueilen, das Talent aus Eigen-
sinn möchte es oft zurückhalten.

Die Menschen werden an sich und andern irre, weil sie die Mittel als Zweck behan-
deln, da denn vor lauter Tätigkeit gar nichts geschieht oder vielleicht gar das Wi-
derwärtige.

In unsers Busens Reine wohnt ein Streben
Sich einem Höhern, Reinern, Unbekannten
Aus Dankbarkeit freiwillig hinzugeben,
Enträtselnd sich dem ewig Ungenannten;
Wir heißen's Frommsein.                                   (Heinroths Anthologie)

Frömmigkeit ist kein Zweck, sondern ein Mittel, um durch die reinste Gemütsruhe
zur höchsten Kultur zu gelangen.

Deswegen läßt sich bemerken, daß diejenigen welche Frömmigkeit als Zweck und
Ziel aufstecken meistens Heuchler werden.

Es ist nicht immer nötig, daß das Wahre sich verkörpere; schon genug, wenn es gei-
stig umher schwebt und Übereinstimmung bewirkt; wenn es wie Glockenton ernst-
freundlich durch die Lüfte wogt.

Das Wahre ist gottähnlich; es erscheint nicht unmittelbar, wir müssen es aus seinen
Manifestationen erraten.

Denn die Götter lehren uns ihr eigenstes Werk nachahmen; doch wissen wir nur was
wir tun, erkennen aber nicht was wir nachahmen.

Was nun die Menschen gesetzt haben das will nicht passen, es mag recht oder unrecht
sein; was aber die Götter setzen das ist immer am Platz, recht oder unrecht.

Denn das Gesetz haben die Menschen sich selbst auferlegt, ohne zu wissen über was
sie Gesetze gaben; aber die Natur haben alle Götter geordnet.

Der Begriff vom Entstehen ist uns ganz und gar versagt; daher wir, wenn wir etwas
werden sehen, denken daß es schon dagewesen sei.
Deshalb das System der Einschachtelung kommt uns begreiflich vor.

Wer den Unterschied des Phantastischen und Ideellen, des Gesetzlichen und Hypo-
thetischen nicht zu fassen weiß, der ist als Naturforscher in einer üblen Lage.
Die Wahrheit widerspricht unserer Natur, der Irrtum nicht, und zwar aus einem sehr
einfachen Grunde; die Wahrheit fordert daß wir uns für beschränkt erkennen sollen,
der Irrtum schmeichelt uns wir seien auf ein oder die andere Weise unbegrenzt.

In den Werken des Menschen wie in denen der Natur sind eigentlich die Absichten
vorzüglich der Aufmerksamkeit wert.

Alles kommt bei der Mission darauf an daß der rohe, sinnliche Mensch gewahr wird
daß es eine Sitte gebe; daß der leidenschaftliche, ungebändigte merkt daß er
Fehler begangen hat die er sich selbst nicht verzeihen kann.
Die erste führt zur Annahme zarter Maximen, das letzte auf Glauben einer Versöhnung.
Alles Mittlere von zufällig scheinenden Übeln wird einer weisen unerforschlichen
Führung anheim gegeben.

Gar oft im Laufe des Lebens, mitten in der größten Sicherheit des Wandels, bemer-
ken wir auf einmal daß wir einem Irrtum befangen sind, daß wir uns für Personen,
für Gegenstände einnehmen ließen, ein Verhältnis zu ihnen erträumten, das dem
erwachten Auge sogleich verschwindet; und doch können wir uns nicht losreißen,
eine Macht hält uns fest die uns unbegreiflich scheint.
Manchmal jedoch kommen wir zum völligen Bewußtsein und begreifen daß ein Irr-
tum so gut als ein Wahres zur Tätigkeit bewegen und antreiben kann.
Weil nun die Tat überall entscheidend ist, so kann aus einem tätigem Irrtum
etwas Treffliches entstehen, weil die Wirkung jedes Getanen ins Unendliche reicht.
So ist das Hervorbringen freilich immer das Beste, aber auch das Zerstören ist
nicht ohne glückliche Folge.
Der wunderbarste Irrtum aber ist derjenige, der sich auf uns selbst und unsere Kräfte
bezieht, daß wir uns einem würdigem Geschäft, einem ehrsamen Unternehmen wid-
men dem wir nicht gewachsen sind, daß wir nach einem Ziel streben das wir nie
erreichen können.
Die daraus entspringende tantalisch-sysiphische Qual empfindet jeder nur um desto
bitterer je redlicher er es meinte.
Und doch sehr oft wenn wir uns von dem Beabsichtigten für ewig getrennt sehen,
haben wir schon auf unserm Wege irgend ein anderes Wünschenwerte gefunden,
etwas uns Gemäßes, mit dem uns zu begnügen wir eigentlich geboren sind.

Es gibt Menschen die gar nicht irren, weil sie sich nichts Vernünftiges vorsetzen.

Wer sich an eine falsche Vorstellung gewöhnt, dem wird jeder Irrtum willkommen
sein.
Deswegen sagt man ganz richtig: wer die Menschen betrügen will muß vor allen Din-
gen das Absurde plausibel machen.

Unsre Meinungen sind nur Supplemente unsrer Existenz.
Wie einer denkt daran kann man sehn was ihm fehlt.

Die leersten Menschen halten sehr viel auf sich, treffliche sind mißtrauisch der
Lasterhafte ist frech und der Gute ist ängstlich so setzt sich alles ins Gleich-
gewicht.
Jeder will ganz sein oder es vor sich scheinen.

Wenn ich von liberalen Ideen reden höre, so verwundere ich mich immer, wie die
Menschen sicher gern mit leeren Wortschällen hinhalten; eine Idee darf nicht li-
beral sein.
Kräftig sei sie, tüchtig, in sich selbst abgeschlossen, damit sie den gött-
lichen Auftrag productiv zu sein erfülle; noch weniger darf der Begriff liberal
sein, denn der hat einen ganz andern Auftrag.
Wo man die Liberalität aber suchen muß, das ist in den Gesinnungen und diese sind
das lebendige Gemüt.
Gesinnungen aber sind selten liberal, weil die Gesinnung unmittelbar aus der Per-
son, ihren nächsten Beziehungen und Bedürfnissen hervorgeht.
Weiter schreiben wir nicht; an diesem Maßstab halte man, was man tagtäglich hört.

Es begenet mir von Zeit zu Zeit ein Jüngling an dem ich nichts verändert noch ge-
bessert wünschte; nur macht mir bange, daß ich manchen vollkommen geeignet se-
he, im Zeitstrom mit fortzuschwimmen, und hier ist's wo ich immerfort aufmerksam
machen möchte: daß dem Menschen in seinem zerbrechlichen Kahn eben deshalb
das Ruder in die Hand gegeben ist, damit er nicht der Willkür der Wellen, sondern
dem Willen seiner Einsicht Folge leiste.

Wie soll nun aber ein junger Mann für sich selbst dahin gelangen, dasjenige für ta-
delnswert und schädlich anzusehen was jedermann treibt, billigt und fördert ? war-
um soll er sich nicht und sein Naturell auch dahin gehen lassen ?

So wenig nun die Dampfmaschinen zu dämpfen sind, so wenig ist dies auch im Sitt-
lichen möglich; die Lebhaftigkeit des Handelns, das Durchrauschen des Papiergelds,
das Anschwellen der Schulden, um Schulden zu bezahlen, das alles sind die unge-
heuern Elemente, auf die gegenwärtig ein junger Mann gesetzt ist.
Wohl ihm, wenn er von der Natur mit mäßigem, ruhigem Sinn begabt ist, um weder
unverhältnismäßige Forderungen an die Welt zu machen, noch auch von ihr sich be-
stimmen zu lassen.

Aber in einem jedem Kreise bedroht ihn der Tagesgeist; und nichts ist nötiger als früh
genug ihm die Richtung bemerklich zu machen, wohin sein Wille zu steuern hat.

Das wunderlichste im Leben ist das Vertrauen daß andre uns führen werden ha-
ben wirs nicht so tappen und stolpern wir unsern eigenen Weg hin.
Haben wirs so sind wir auch eh wirs uns versehen, auf das schlechteste geführet.

Der Wolf im Schafspelze ist weniger gefährlich als das Schöps in irgend einem Pelze
wo man es für mehr als einen Schöps nimmt.

Es gibt zwei Momente der Weltgeschichte, die bald auf einander folgen, bald gleich-
zeitig, teils einzeln und abgesondert, teils höchst verschränkt, sich an Individuen
und Völkern zeigen.
Der erste ist derjenige, in welchem sich die Einzelnen neben einander frei ausbilden;
dies ist die Epoche des Werdens, des Friedens, des Nährens, der Künste, der Wissen-
schaften, der Gemütlichkeit, der Vernunft.
Hier wirkt alles nach innen, und strebt in den besten Zeiten zu einem glücklichen,
häuslichen Auferbauen; doch lös't sich dieser Zustand zuletzt in Parteisucht und
Anarchie auf.
Die zweite Epoche ist die des Benutzens, des Kriegens, des Verzehrens, der Technik,
des Wissens, des Verstandes. Die Wirkungen sind nach außen gerichtet; im schönsten
und höchsten Sinne gewährt dieser Zeitpunct Dauer und Genuß unter gewissen Bedin
gungen.
Leicht artet jedoch ein solcher Zustand in Selbstsucht und Tyrannerei aus, wo man
sich aber keinesweges den Tyrannen als eine einzelne Person zu denken nötig hat; es
gibt eine Tyrannei ganzer Massen, die höchst gewaltsam und unwiderstehlich ist.

Die Natur füllt mit ihrer grenzenlosen Productivität alle Räume.
Betrachten wir nur bloß unsre Erde; alles was wir bös, unglücklich nennen, kommt
daher daß sie nicht allem Entstehenden Raum geben noch weniger ihm Dauer ver-
leihen kann.

Alles was entsteht sucht sich Raum und will Dauer, deswegen verdrängt es ein an-
deres vom Platz und verkürzt seine Dauer.

Die empirisch-sittliche Welt besteht größtenteils nur aus bösem Willen und Neid.

Der Haß ist ein actives Mißvergnügen, der Neid ein passives; deshalb darf man sich
nicht wundern, wenn der Neid so schnell in Haß übergeht.

Mißgunst und Haß beschränken den Beobachter auf die Oberfläche, selbst wenn
Scharfsinn sich zu ihnen gesellt; verschwistert sich dieser hingegen mit Wohl-
wollen und Liebe, so durchdringt er die Welt und den Menschen, ja er kann hoffen
zum Allerhöchsten zu gelangen.

Wenn die Menschen recht schlecht werden, haben sie keinen Anteil mehr als die
Schadenfreude.

Setzten wir uns an die Stelle anderer Personen, so würden Eifersucht und Haß
wegfallen, die wir so oft gegen sie empfinden; und setzten wir andere an unsere
Stelle, so würde Stolz und Einbildung gar sehr abnehmen.

Die Geschichte der Philosophie, der Wissenschaften, der Religion, alles zeigt, daß
die Meinungen massenweis sich verbreiten, immer aber diejenige den Vorrang ge-
winnt, welche faßlicher, d.h. dem menschlichen Geiste in seinem gemeinen Zustande
gemäß und bequem ist.
Ja derjenige, der sich in höherem Sinne ausgebildet, kann immer voraussetzen daß
er die Majorität gegen sich habe.

Nichts ist widerwärtiger als die Majorität: denn sie besteht aus wenigen kräftigen
Vorgängern, aus Schelmen die sich akkomodieren, aus Schwachen die sich assimi-
lieren, und der Masse, die nachtrollt, ohne nur im mindesten zu wissen was sie will.

Die wahren Weisen fragen wie sich die Sache verhalte in sich selbst und zu andern
Dingen, unbekümmert um den Nutzen, d.h. um die Anwendung auf das Bekannte
und zum Leben Notwendige, welche ganz andere Geister, scharfsinnige, lebenslu-
stige, technisch geübte und gewandte schon finden werden.

Tief und ernstlich denkende Menschen haben gegen das Publikum einen bösen Stand.

Die Kunst ist ein ernsthaftes Geschäft, am ernsthaftesten wenn sie sich mit edlen,
heiligen Gegenständen beschäftigt; der Künstler aber steht über der Kunst und
dem Gegenstande, über jener da er sie zu seinem Zwecken braucht, über diesem
weil er ihn nach eigner Weise behandelt.

Die größte Achtung die ein Autor für sein Publicum haben kann, ist, daß er nie-
mals bringt was man erwartet, sondern was er selbst, auf der jedesmaligen Stufe
eigner und fremder Bildung für recht und nützlich hält.

Ferner bringen auch die Künste vieles aus sich selbst hervor und fügen anderseits
manches hinzu was der Vollkommenheit abgehet, indem sie die Schönheit in sich
selbst haben.
So konnte Phidias den Gott bilden, ob er gleich nichts sinnlich Erblickliches nach-
ahmte, sondern sich einen solchen Sinn faßte wie Zeus selbst erscheinen würde,
wenn er unsern Augen begegnen möchte.

Die Kunst ruht auf einer Art religiösen Sinn, auf einem tiefen unerschütterlichen
Ernst deswegen sie sich auch so gern mit der Religion vereinigt.
Die Religion bedarf keines Kunstsinnes, sie ruht auf ihrem eignen Ernst, sie ver-
leiht aber auch keinen, so wenig sie Geschmack gibt.

Vollkommenheit ist schon da wenn das notwendige geleistet wird Schönheit wenn
das notwendige geleistet doch verborgen ist.
Vollkommenheit kann mit Disproportion bestehen Schönheit allein mit Proportion.

Die Kunst soll das Penible nicht vorstellen.

Die bildende Kunst ist auf das Sichtbare angewiesen, auf die äußere Erscheinung
des Natürlichen.
Das rein Natürliche, insofern es sittlich gefällige ist, nennen wir naiv.
Naive Gegenstände sind also das Gebiet der Kunst, die ein sittlicher Ausdruck des
Natürlichen sein soll.
Gegenstände die nach beiden Seiten hinweisen sind die günstigsten.

Die Idee ist ewig und einzig; daß wir auch den Plural brauchen ist nicht wohlgetan.
Alles was wir gewahr werden und wovon wir reden können, sind nur Manifestatio-
nen der Idee; Begriffe sprechen wir aus, und insofern ist die Idee selbst ein Begriff.

Im Ästhetischen tut man nicht wohl, zu sagen: die Idee des Schönen, dadurch ver-
einzelt man das Schöne, das doch einzeln nicht gedacht werden kann.
Vom Schönen kann man einen Begriff haben und dieser Begriff kann überliefert
werden.

Die Allegorie verwandelt die Erscheinung in einen Begriff, den Begriff in ein Bild,
doch so daß der Begriff im Bilde immer noch begrenzt und vollständig zu halten
und zu haben und an demselben auszusprechen sei.
Die Symbolik verwandelt die Erscheinung in Idee, die Idee in ein Bild und so daß
die Idee im Bild immer unendlich wirksam und unerreichbar bleibt, und selbst in
allen Sprachen ausgesprochen doch unaussprechlich bliebe.

In jedem Künstler liegt ein Keim von Verwegenheit, ohne den kein Talent denkbar
ist, und dieser wird besonders rege, wenn man den Fähigen einschränken und zu
einseitigen Zwecken dingen und brauchen will.

Jeder große Künstler reißt uns weg steckt uns an.
Alles was in uns von eben der Fähigkeit ist wird rege und da wir eine Vorstellung
vom Großen und einige Anlage dazu haben so bilden wir uns gar leicht ein der
Keim davon stecke in uns.

Die Kunst kann niemand fördern als der Meister.
Gönner fördern den Künstler, das ist recht und gut; aber dadurch wird nicht im-
mer die Kunst gefördert.

Gunst, als Symbol der Souveränität, von schwachen Menschen ausgeübt.

Die Meisterschaft gilt oft für Egoismus.

Der echte Schüler lernt aus dem Bekannten das Unbekannte entwickeln und nähert
sich dem Meister.

Der Humor ist eins der Elemente des Genies, aber, sobald er vorwaltet nur ein Sur-
rogat desselben; er begleitet die abnehmende Kunst, zerstört, vernichtet sie zuletzt.

Es gibt nichts Gemeines was, fratzenhaft ausgedruckt, nicht humoristisch aussähe.

"Der Verständige findet fast alles lächerlich, der Vernüftige fast nichts."

Werke der Kunst werden zerstört sobald der Kunstsinn verschwindet.

Bemalung und Punctierung der Körper ist eine Rückkehr zur Tierheit.

Die Literatur verdirbt sich nur in dem Maße als die Menschen verdorbener werden.

"Man nimmt in der Welt Jeden wofür er sich gibt; aber er muß sich auch für etwas
geben.
Man erträgt die Unbequemen lieber als man die Unbedeutenden duldet."

Das ganze Leben besteht aus
Wollen und nicht vollbringen
Vollbringen und nicht wollen.

Es ist nicht genug zu wissen, man muß auch anwenden; es ist nicht genug zu wol-
len, man muß auch tun.

Wenn man einige Monate die Zeitungen nicht gelesen hat, und man liest sie als
dann zusammen, so zeigt sich erst wieviel Zeit man mit diesen Papieren verdirbt.
Die Welt war immer in Parteien geteilt, besonders ist sie es jetzt, und während
jedes zweifelhaften Zustandes kirrt der Zeitungschreiber eine oder die andere
Partei mehr oder weniger und nährt die innere Neigung und Abneigung von
Tag zu Tag, bis zuletzt Entscheidung eintritt und das Geschehene wie eine
Gottheit angestaunt wird.

In den Zeitungen ist alles Officielle geschraubt, das übrige platt.

Man muß bedenken, daß unter den Menschen gar viele sind, die doch auch
etwas Bedeutendes sagen wollen ohne produktiv zu sein, und da kommen die
wunderlichsten Dinge an den Tag.

Das Närrischste ist, daß jeder glaubt überliefern zu müssen was man gewußt zu
haben glaubt.

Jeder hat etwas in seiner Natur, das, wenn er es öffentlich ausspräche, Mißfallen
erregen müßte.

Ein großer Fehler: daß man sich mehr dünkt als man ist und sich weniger schätzt
als man wert ist.

Der rechtliche Mensch denkt immer er sei vornehmer und mächtiger als er ist.

Allgemeine Begriffe und großer Dünkel sind immer auf dem Wege entsetzliches
Unglück anzurichten.

Kein Wunder, daß wir uns alle mehr oder weniger im Mittelmäßigen gefallen,
weil es uns in Ruhe läßt; es gibt das behagliche Gefühl als wenn man mit seines
Gleichen umginge.

Der Mensch kann nur mit seines Gleichen Leben und auch mit denen nicht
denn er kann auf die Länge nicht leiden daß ihm jem(a)nd gleich sei.

Den Deutschen ist nichts daran gelegen zusammen zu bleiben, aber doch für
sich zu bleiben.
Jeder, sei er auch welcher er wolle, hat so ein eignes Fürsich, das er sich
nicht gern möchte nehmen lassen.

Es hört doch jeder nur was er versteht.

Was man nicht versteht, besitzt man nicht.

"Man verändert fremde Reden beim Wiederholen wohl nur darum so sehr, weil
man sie nicht verstanden hat."

Es gibt viele Menschen die sich einbilden was sie erfahren das verstünden sie
auch.
Daß Menschen dasjenige noch zu können glauben was sie gekonnt haben, ist
natürlich genug; daß andere zu vermögen glauben, was sie nie vermochten, ist
wohl seltsam aber nicht selten.

Wers nicht besser machen kann machts wenigstens anders; Zuhörer und Leser
in herkömmlicher Gleichgültigkeit, lassen dergleichen am liebsten gelten.

Was einem angehört wird man nicht los und wenn man es wegwürfe.

Jedermann hat seine Eigenheiten und kann sie nicht los werden; und doch
geht mancher an seinen Eigenheiten, oft an den unschuldigsten zu Grunde.

Die Vorurteile der Menschen beruhen auf dem jedesmaligen Charakter der Men-
schen, daher sind sie, mit dem Zustand innig vereinigt, ganz unüberwindlich.
Weder Evidenz, noch Verstand, noch Vernunft haben den mindesten Einfluß
darauf.

Es gibt problematische Naturen die keiner Lage gewachsen sind in der sie sich
befinden und denen keine genug tut.
Daraus entsteht der ungehuere Widerstreit, der das Leben ohne Genuß verzehrt.

Der Mensch ist nicht glücklich, als bis sein unbedingtes Streben sich selbst
seine Begrenzung bestimmt.

Wir können einem Widerspruch in uns selbst nicht entgehen; wir müssen ihn
auszugleichen suchen. Wenn uns andere widersprechen, das geht uns nichts an,
das ist ihre Sache.

Man ist nur eigentlich lebendig, wenn man sich des Wohlwollens andrer freut.

Die ungeheuerste Cultur die der Mensch sich geben kann ist die Überzeugung
daß die andern nicht nach ihm fragen.

Man beobachtet niemand als die Personen von denen man leidet.
Um unerkannt in der Welt umher zu gehen müßte man nur niemand wehe tun.

"Niemand ist mehr Sklave als der sich für frei hält ohne es zu sein."

Alles was unsern Geist befreit, ohne uns die Herrschaft über uns selbst zu geben,
ist verderblich.

Welche Regierung die beste sei ? Diejenige die uns lehrt uns selbst zu regieren.

Herrschen lernt sich leicht Regieren schwer.

Welches Recht wir zum Regiment haben, darnach fragen wir nicht - wir regieren.
Ob das Volk ein Recht habe uns abzusetzen darum bekümmern wir uns nicht -
wir hüten uns nur daß es nicht in Versuchung komme es zu tun.

"Ich bin nicht so alt geworden, um mich um die Weltgeschichte zu kümmern, die
das absurdeste ist was es gibt; ob dieser oder jener stirbt, diese oder jenes
Volk untergeht, ist mir einerlei, ich wäre ein Tor mich darum zu kümmern."
(Aufzeichnungen eines Geprächs des Kanzler Müllers mit Goethe vom 6.3.1828)

Es bleibt einem Jedem immer noch so viel Kraft das auszuführen
wovon er überzeugt ist.

Lebensphilosophische Gedankensplitter Schillers

"Votivtafeln.
Was der Gott mich gelehrt, was mir durchs Leben geholfen,
häng' ich, dankbar und fromm, hier in dem Heiligtum auf."

"Mein Glaube.
Welche Religion ich bekenne ? Keine von allen,
Die Du mir nennst. - Und warum keine ? - Aus Religion."

"Das eigene Ideal.
Allen gehört, was du denkst; dein eigen ist nur, was du fühlest.
Soll er dein Eigentum sein, fühle den Gott, den du denkst."

"Zweierlei Wirkungsarten
Wirke Gutes, du nährst der Menschheit göttliche Pflanze;
Bilde Schönes, du streust Keime der göttlichen aus.

"Der Antritt des neuen Jahrhunderts. (Auszug)
An ***
Edler Freund ! Wo öffnet sich dem Frieden,
Wo der Freiheit sich ein Zufluchtsort ?

Ach, umsonst auf allen Länderkarten.
Spähst du nach dem seligen Gebiet,
Wo der Freiheit ewig grüner Garten,
Wo der Menschheit schöne Jugend blüht.

Endlos liegt die Welt vor deinem Blicken,
Und die Schiffahrt selbst ermißt sie kaum;
Doch auf ihrem unermeßnen Rücken,
Ist für zehen Glückliche nicht Raum.

In des Herzens heilig stille Räume
Mußt du fliehen aus des Lebens Drang !
Freiheit ist nur in dem Reich der Träume,
Und das Schöne blüht nur im Gesang."

"Die Begegnung. (Auszug)
Was ich in jenem Augenblick empfunden,
Und was ich sang, vergebens sinn' ich nach;
Ein neu Organ hatt' ich in mir gefunden,
das meines Herzens heil'ge Regung sprach;
die Seele war's, die, jahrelang gebunden,
durch alle Fesseln jetzt auf einmal brach
Und Töne fand in ihren tiefsten Tiefen,
Die ungeahnt und göttlich in ihr schliefen."

"Güte und Größe.
Nur zwei Tugenden giebt's. O, wären sie immer vereinigt,
Immer die Güte auch groß, immer die Größe auch gut."

"Macht des Weibes.
Mächtig seid ihr, ihr seid's durch der Gegenwart ruhigen Zauber;
Was die stille nicht wirkt, wirket die rauschende nie.
Kraft' erwart ich vom Mann, des Gesetzes Würde behaupt' er;
Aber durch Anmut allein herrschet und herrsche das Weib,
Manche haben zwar geherrscht, durch des Geistes Macht und der Thaten;
Aber dann haben sie dich, höchste der Kronen entbehrt,
Wahre Königin ist nur des Weibes weibliche Schönheit;
Wo sie sich zeige, sie herrscht, herrschet bloß, weil sie sich zeigt."

"Der Gürtel.
In dem Gürtel bewahrt Aphrodite der Reize Geheimnis:
Was ihr den Zauber verleiht, ist, was sie bindet, die Scham."

"Weibliches Urteil:
Männer richten nach Gründen; des Weibes Urteil ist seine
Liebe; wo es nicht liebt, hat schon gerichtet das Weib."

"Wahl.
Kannst du nicht allen gefallen durch deine That und dein Kunstwerk,
Mach' es wenigen recht; vielen gefallen ist schlimm."

"Das Ehrwürdige.
Ehret ihr immer das Ganze; ich kann nur einzelne achten,
Immer in einzelnen nur hab' ich das Ganze erblickt."

"An die Muse.
Was ich ohne dich wäre, ich weiß es nicht - aber mir grauet,
Seh' ich, was ohne dich Hundert' und Tausende sind."

"Der erhabene Stoff.
Deine Muse besingt, wie Gott sich der Menschen erbarmte;
Aber ist das Poesie, daß er erbärmlich sie fand ?"

"Der Zeitpunkt
Eine große Epoche hat das Jahrhundert geboren;
Aber der große Moment findet ein kleines Geschlecht."

"Deutsches Lustspiel.
Thoren hätten wir wohl, wir hätten Fratzen die Menge;
Leider helfen sie nur selbst zur Komödie nichts."

"Der moralische Dichter.
Ja, der Mensch ist ein ärmlicher Wicht, ich weiß - doch das wollt' ich
Eben vergessen und kam, ach, wie gereut mich's, zu dir!"

"Die verschiedene Bestimmung.
Millionen beschäftigen sich, daß die Gattung bestehe;
Aber durch wenige nur pflanzet die Menschheit sich fort.
Tausend Keime zerstreuet der Herbst, doch bringet kaum einer
Früchte; zum Element kehren die meisten zurück.
Aber entfaltet sich auch nur einer, einer allein streut
Eine lebendige Welt ewiger Bildungen aus."

"Genialität.
Wodurch giebt sich der Genius kund ? Wodurch sich der Schöpfer
Kund giebt in der Natur, in dem unendlichen All.
Klar ist der Äther und doch von unermeßlicher Tiefe,
Offen dem Aug', dem Verstand bleibt er doch ewig geheim."

"Unterschied der Stände.
Adel ist auch in der sittlichen Welt. Gemeine Naturen
Zahlen mit dem, was sie thun, edle mit dem, was sie sind."

"Das Werte und Würdige.
Hast du etwas, so teile mir's mit, und ich zahle, was recht ist;
Bist du etwas, o dann tauschen die Seelen wir aus."

"Die Übereinstimmung.
Wahrheit suchen wir beide, du außen im Leben, ich innen
In dem Herzen, und so findet sie jeder gewiß.
Ist das Auge gesund, so begegnet es außen dem Schöpfer;
Ist es das Herz, dann gewiß spiegelt es innen die Welt."

"Astronomische Schriften.
So unermeßlich ist, so unendlich erhaben der Himmel !
Aber der Kleinigkeitsgeist zog auch den Himmel herab."

"Gefährliche Nachfolge.
Freunde, bedenket euch wohl, die tiefere, kühnere Wahrheit
Laut zu sagen; sogleich stellt man sie euch auf den Kopf."

"Reiterlied. (Auszug)
Aus der Welt die Freiheit verschwunden ist,
Man sieht nur Herren und Knechte;
Die Falschheit herrschet, die Hinterlist
Bei dem feigen Menschengeschlechte."

"Die Weltweisen. (Auszug)
Im Leben gilt der Stärke Recht,
Dem Schwachen trotz der Kühne,
Wer nicht gebieten kann, ist Knecht;
Sonst geht es ganz erträglich schlecht
Auf dieser Erdenbühne."

"Deutschland und seine Fürsten. (Auszug)
Den Gebietenden macht nur der Gehorchende groß."

"Jetzige Generation.
War es immer wie jetzt ? Ich kann das Geschlecht nicht begreifen.
Nur das Alter ist jung, ach ! und die Jugend ist alt."

"Falscher Studiertrieb.
O, wie viel neue Feinde der Wahrheit ! Mir blutet die Seele,
Seh' ich das Eulengeschlecht, das zu dem Lichte sich drängt."

"Politische Lehre.
Alles sei recht, was du thust; doch dabei laß es bewenden,
Freund, und enthalte dich ja, alles was recht ist, zu thun.
Wahrem Eifer genügt, daß das Vorhandne vollkommen
Sei; der falsche will stets, daß das Vollkommene sei."

"Die beste Staatsverfassung.
Diese nur kann ich dafür erkennen, die jedem erleichtert,
Gut zu denken, doch nie, daß er so denke, bedarf."

"Das gemeinsame Schicksal.
Siehe, wir hassen, wir streiten, es trennet uns Neigung und Meinung;
Aber es bleichet indes dir sich die Locke, wie mir."

"Der Naturkreis.
Alles, du Ruhige, schließt sich in deinem Reiche; so kehret
Auch zum Kinde der Greis kindisch und kindlich zurück."

Lebensphilosophische Gedankensplitter Erbes

Der Mensch ist Eklektiker, er lebt in der Regel immer in Ganz-, Halb-
und Viertelirrtümern.

Jede Menschengeneration ist der Meinung, daß die Welt immer wieder
extra für sie neu geschaffen worden sei.
Auch vergißt sie.
Sie begreift offensichtlich nicht, was einmal gewesen, rein aus sprach-
lichen Barrieren.

Intelligenz ist weniger ein Maßstab für die Richtigkeit und Eilfertigkeit
vorgedachter Modelle Lösungen zu finden, als vielmehr  die Fähigkeit,
überhaupt neue intelligente Modellifikationen zu denken, zu entwickeln.
Was ist der Intelligenzquotient von zig-tausend so benannten "hochin-
telligenten Hirnen" wert gegen z.B.  e i n e  Intelligenz vom Format eines
Dmitri Iwanowitsch Mendelejews ?

Die Masse will partout nie aus geschichtlicher Erfahrung lernen - ein
Kennzeichen für das Desinteresse des eigenen Ich's.

Vernunft im Alltag ist subjektive Abwägung aller eigenen und fremden
zugänglichen Erfahrungen von Notwendigkeiten und Freiheiten des In-
dividuums mit Ableitung von Eintrittsfolgen einer ganz bestimmten
Handlung durch sich selbst oder andere zur letztendlichen Handlungsaus-
übung oder - unterlassung.
Es gibt keine gesellschaftliche Vernunft, sondern nur gesellschaftliche
Erfahrungen.

Man hüte sich zeitbedingt davor, Kindern noch traditionelle Märchen vorzulesen !

Mit wenigen Worten viel sagen ist ungleich schwerer als mit vielen Worten
wenig sagen.

Ein Launischer kann mehr bewirken als zehn Fröhliche.

Boshaftigkeit ist Genuß andere leiden zu sehen -
Böses ist aktives Handeln, Boshaftigkeit passives -
beides hat denselben Wertemaßstab.

Die Steigerungsform der Heuchelei ist der Selbstbetrug.

Reger Geist hat es schwer gegen eine tumbe Masse.

Was ist der Körper mehr als das zeitlich befristete (sehr) zerbrechliche
Aufbewahrungsgefäß des Geistes.
Das Dasein des Menschen ist der stetige Kampf des Geistes wider dem
Fleisch, dieser Widerspruch selbst Bedingung seiner Evolution.

Allen Wesen der Schöpfung sind die drei Grundtriebarten eigen.
Lust- und Unlustprinzip sind zu wenig, um das menschlich Triebver-
halten allumfassend zu charakterisieren.

Der Mensch, der an sich nach Harmonie strebt, wird durch seine Triebe
zu Disharmonien angeregt, die er durch Zielen auf Befriedigung beseitigen
- oder-,
wenn die Vorstellungen, die zu befriedigen sind, zu surreal sind, nicht
beseitigen kann.

Die Folge von Trieben ist ein wiederholter Spannungsaufbau aus dem
Körperinnern (dem Unterbwußtsein), der über die Entspannung wieder
zu einem harmonischen Zustand drängt.
Endziel der Triebauslebung ist immer einen harmonischen Endpunkt zu
erreichen.
Harmonie ist der zeitweise empfunden Stillstand des Kampfes zwischen
Geist und Fleisch, Vernunft und Trieb, innerer Frieden.

Die Welt ist eine Gemeinschaft von Wanderern, die willentlich oder
auch gegen ihren Willen auf der Suche nach Realisierung ihrer eigenen
geistigen Harmonie mit der Welt ist.

Im Glauben verliert der Mensch die weltliche Präferenz des eigenen Ich's.
Der Glaube an den Schöpfer führt weg vom Ego -
vom Selbstwertgefühl hin zum Gemeinschaftsgefühl.

Willst Du Dich selbst erkennen ? Dann schau in den Spiegel !
Schaue in Deine Augen und du weißt was Du denkst !
Handle und Du weißt, wer Du bist !
Frag andere und Du weißt was Du wert bist !

Die Seligkeit von Verliebten erfassen Worte nicht.
Der Mensch wünscht:
leidenschaftliche erste Liebe möge ewig dauern.
Leidenschaftliche Liebe ist nicht begierdefrei,
wahre Liebe verbietet einen einseitigen Besitzanspruch.

Die frei entfaltete Liebesobjektwahl des Mannes und die Eigenliebe des Weibes
sind der Untergang jeder Gesellschaft.

Das höchste Menschenglück ist die Vereinigung von leiden-
schaftlicher und leidenschaftsloser Liebe im Moment höchsten
partnerschaftlichen Ergießens.

Ein G-gefälliger Krummsäbel verspricht mehr Glücksseligkeit als
eine lange Lanze, die nur ins Leere sticht.

Des Menschen Lebens spielt sich in der Wirklichkeit, in der Wahrhaftigkeit,
im Wahren - nicht in der Wahrheit ab.
Die Wirklichkeit, die Wahrhaftigkeit, das Wahre vergeht, Wahrheit bleibt
ewig bestehen.

Wahrheit und wahr sind wesenverschieden wie Kunst und künstlich, wie
Erkenntnis und kennen.

Theologie spricht das Göttliche im Menschen an und will den Menschen zu Gott
erheben: Gott handelt menschlich;
Philosophie spricht das Göttliche im Menschen an und will Gott zum Menschen
erniedrigen: der Mensch handelt göttlich.

Philosophie schafft keine Moralnormen, sie interessiert die Erkennbarkeit der Welt,
jeglicher Glaube wird offensichtlich ignoriert um ihm hernach zu fröhnen.

Moralität ist auf Vernunft basierende bewußte individuelle Triebeinschränkung.

Bekehrung bedeudet den unabänderliche Beschluß des Einzelnen, sein Leben unab-
dingbar an den göttlichen Geboten auszurichten.

Der Sinn der Bibel ist die Wiedergeburt: die Mittel hierzu sind die Ehrfurcht (AT)
und die Liebe (NT).
Die Wiedergeburt ist nicht verkettet mit dem Tod der Toten, sondern mit dem Tod
der Lebenden.
Haben die Menschen die Wiedergeburt verstanden? -  Nein!
Denn sie sucht sie im Jenseits und nicht im Diesseits !

Wes Geist in seiner Gemeine, danke nur mehr dem Herrn !

Judentum bedeudet nach dem AT, wie der Mensch sein soll, um zu Gott zu kommen,
Christentum nach dem NT welchen Weg er gehen soll und was zu Gott gelangen kann.
Auf direktem Wege zu Gott zu kommen ist ungleich schwieriger als über eine personi-
fizierte Mittelsperson.
Die Menschheit wird nicht umhin kommen, die Bedeutung des AT's aufzuwerten.

Die Übereinstimmung
Wahrheit suchen  wir beide, du außen im Leben, ich innen
In dem Herzen, und so findet sie jeder gewiß.
Ist das Auge gesund, so begegnet es außen der Welt;
Ist es das Herz, dann gewiß spiegelt es innen den Schöpfer.(Schillers Reziprok)

Gott verbirgt seine Natur ! Aber nicht jedem.                       (Frei n. J.W.v. Goethe)

Gott zu kennen gibt die Gnade des Herrn, Gott erkennen zu wollen ergibt Ungericht
gegen den Herrn.
Die Gnade Gottes kann nur vom Herrn selbst erteilt werden und nicht, wie die Kirche
verkündet, durch eines Menschen Rede.

Gott wußte von Anfang die Notwendigkeit Christi, weil er die Menschen kannte.

Am gefälligsten lassen sich Religionen für geistigen und weltlichen Machtanspruch
entarten und mißbrauchen, die menschlich personifizierte Leitbilder besitzen.

Ebensowenig wie das Staatsvolk Israel mit dem Gottvolk Israel etwas gemein hat,
hat die Institution Kirche mit dem Christentum etwas gemein.

Luther - sich der Kirche unterordnend im Gebet und der weltlichen Macht im Han-
deln eben ein eitler, überheblicher Pfaffe, ein  b e s o n d e r e r  Mensch vor Gott,
war ein Arbeiter aber auch ein Eiferer vor dem Herrn, ein Apologet der kirchlichen
Institution und damit des Glaubensdogmatismus.

Es gibt keine urchristliche Erneuerung der Kirche, sondern nur eine urchristliche
Erneuerung der Glaubenslehre selbst - das Urchristentum kannte die Institution
Kirche nicht.

Glaube und Phantasie und daraus entspringende Kunst sind die einzigen Horte des
freiheitlichen Menschengeistes.

Im Geiste streben wir nach Harmonie, also muß auch die Darstellung eines Kunst-
werkes unseren Sinnen Harmonie vermitteln - das betrifft  a l l e  Kunstwerke.
Das Göttliche in der Kunst darstellen, heißt damit der Form adäquat zu ihrem Inhalt
vollendete Harmonie zu verleihen.

Das Talent wird erst durch "Stirb und Werde" (Goethe) zum Genie.
Das Genie strebt zur Vereinzelung, das Talent zur Masse.

Die Kunst ist die direkte Wiederspiegelung freien Menschengeistes -
was will uns deren Verfall wohl sagen ?

Das Entwürdigendste für den Künstler ist ständige Lobhudelei seines Schaffens
durch Dilettanten.

Der technische Fortschritt sollte ursprünglich das Leben der Individuen erleichtern,
in einer fortschreitenden Evolution wird sie aber nachweislich immer mehr zum Balast und
Fluch der Menschheit.
Die größten Verbrechen an der Menschheit sind die Erfindungen von Uhr, Beton,
Plaste und von Bit und Byte.
Wer Zeit hat möge einmal ruhig und tiefgündig darüber nachdenken - und -
wird diesen Worten Recht geben.

Der Mensch oder ein Odeon von Menschen im ständigen Drängen nach Wachstum und
Expansion darf, soll und muß als geistig krankhaft bezeichnet werden.
Die postindustrielle Gesellschaft (Bauhausgesellschaft) - wird sich dadurch aus-
zeichnen müssen, daß nicht mehr das gilt, was möglich  ist, sondern was nötig ist -
mit einem bleibenden ästhetischen Wert erzeugt.
Nicht  mehr quantitatives Wachstum sondern qualitatives Wachstum muß und wird
ihr Inhalt sein - falls es sie noch gibt !

So lange das Recht des Stärkeren und nicht das Prinzip der Vernunft die Welt reg-
giert, schreitet die Menschheit immer weiter ihrer Apokalypse entgegen.

Die Welt würde erst gebessert, wenn göttliche Moral zur Sitte wird.
Nicht an Willensbekundungen sondern an den von göttlicher Moral geprägten Ta-
ten sollt Ihr Eure Mitmenschen erkennen.

Vorsicht Mensch !
Du schaffst Dir gerade in Deinem Überfluss eine künstliche Welt.
Ein Grundübel dieser Wirklichkeit ist leider, daß Du darin nicht überlebst !
Der Gedanke einer Unsterblichkeit der  A r t   Mensch ist ein Trugschluß.
Für die Schöpfung ist der Mensch kein Muß sondern ein Kann.

Komme und Gehen -
Bei Geburt kristallisert sich das unendliche Nichtich im endlichen Ich,
bei Tod verläuft sich das endliche Ich ins unendlichen Nichtich -
die Seele wandert in die Dunkelheit unter Aufgabe des Ich's.
Am Ende löst sich a l l e s auf.